Mitten in Hamburg: Das größte Mausoleum des Nordens verfällt
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Ohlsdorf –
Wer „Lost Places“ mag, für den ist der Friedhof Ohlsdorf ein Paradies. Auf dem größten Parkfriedhof der Welt gibt es Dutzende düstere Grabmale, aufgegebene Familiengräber und gruselige Mausoleen. Und das allergruseligste ist das „Mausoleum von Schröder“. Das eindrucksvolle Bauwerk ist seit Jahren dicht und verfällt immer mehr. Die MOPO durfte jetzt exklusiv einen Blick ins Innere werfen.
Friedhofssprecher Lutz Rehkopf erwartet uns am größten norddeutschen Mausoleum mit einem beindruckenden Schlüssel. Knarrend öffnet sich die schwere Holztür, über der das Familienwappen derer von Schröder hängt.
Wir blicken in einen düsteren Raum. Totenköpfe aus Stein starren uns an, modelliert an Pfeilern des 1906 fertiggestellten Mausoleums. Wasser tropft von der verschimmelten Decke. Nur noch drei der einst vielen farbigen Fenster mit christlichen Motiven sind erhalten.
Dach durchfeuchtet und marode: Das größte Mausoleum des Nordens verfällt
24 Gruftzellen befinden sich in dem Rundbau aus rotem Main-Sandstein. Neugierig wollen wir weiter ins Gebäude vordringen, doch Lutz Rehkopf stoppt uns: „Vorsicht. Das Dach ist durchfeuchtet und extrem marode, da kann jederzeit etwas runterfallen“, sagt der Friedhofssprecher. Um den schlimmen Verfall zu bremsen, will der Friedhof bald eine Plane über das löchrige Dach ziehen. Doch wie es dann weitergeht, ist unklar. Die Sanierung des Gebäudes würde mehrere Millionen Euro kosten.
Erbauer des trutzigen Mausoleums ist Charles von Schröder (1826-1909). Die Freiherren und -frauen von Schröder waren im 19.Jahrhundert eine reiche Hamburger Kaufmanns- und Bankiersfamilie. Sie taten sich als Stifter und Mäzene hervor. Die Schröderstiftstraße am gleichnamigen Stift in Rotherbaum erinnert an ihr Werk.
Charles von Schröder nun beauftragte zunächst den Rathaus-Baumeister Martin Haller mit einem Entwurf für ein Mausoleum. Doch der gefiel der Familie nicht und man entschied sich für einen 15 Meter hohen Entwurf des Architekten Edmund Gevert. Die Kosten damals: rund 111 000 Reichsmark.
Hier wurden zunächst die schon im Alter von ein bis vier Jahren verstorbenen drei Brüder des Erbauers vom alten St. Petri-Begräbnisplatz ins Mausoleum überführt. 1953 ist das letzte Familienmitglied derer von Schröder dort beigesetzt worden. Vor Kurzem erschienen Familienangehörige aus London und besichtigten das Mausoleum. Doch für eine Patenschaft konnten sie sich wegen der immensen Kosten dann doch nicht erwärmen.
2009 wiederum hatte der schillernde „Kulturinvestor“ Klausmartin Kretschmer die Patenschaft übernommen. Zunächst ließ er auch einige Arbeiten durchführen und stellte eine Entfeuchtungsanlage auf. Vollmundig kündigte er an: „Das soll ein Ort des Trostes und der Musik werden, an dem Menschen auf neue Art an das Thema Tod herangeführt werden.“
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Der Investor, der auch einmal die „Rote Flora“ besaß, veranstaltete im Mausoleum bis 2014 tatsächlich einige Lesungen und Konzerte. Doch dann ging Kretschmer das Geld aus. Der Friedhof entzog ihm die Patenschaft. Die Zukunft des denkmalgeschützten Bauwerks ist nun völlig ungewiss.