Weltweite Lieferengpässe: Fahrräder sind Mangelware
Weltweite Lieferengpässe haben in einer Branche gerade besonders dramatische Folgen: Fahrräder sind Mangelware. Rohstoffmangel und logistische Probleme führen zu einer massiven Knappheit. Kunden müssen bis zu 200 Kilometer weit fahren, um noch ein Modell zu bekommen – wenn es denn überhaupt noch eins gibt. Derweil steigen die Preise für gebrauchte Fahrräder in utopische Höhen.
Lieferengpässe gibt es derzeit bei vielen Produkten. Ursache dafür sind Staus an wichtigen internationalen Häfen, ein Mangel an Containern und ein weltweiter Rohstoffmangel, wie die MOPO bereits am Mittwoch berichtete.
Fahrradhändler kommen hoher Nachfrage nicht nach
Die Fahrradhändler sind von allen diesen Faktoren besonders stark betroffen. „Shimano“, einer der wichtigsten Hersteller von Fahrradkomponenten wie Schaltwerken und Innenlagern, musste seine Produktion aufgrund von hohen Corona-Zahlen beispielsweise zwischenzeitlich einstellen – die Rückstände sind bis heute nicht aufgeholt. Auch der Rohstoffmangel macht der Branche zu schaffen: Aluminium und Stahl sind derzeit eine Rarität.
Hinzu kommt eine in der Corona-Pandemie enorm gestiegene Nachfrage nach Fahrrädern, wie Hans-Peter Obermark, Sprecher beim Verband des Deutschen Zweiradhandels (VDZ), der MOPO berichtet. „Die Fahrradbranche befand sich schon vor der Krise auf der Sonnenseite des Handels“, sagt Obermark mit Blick auf das große Kaufinteresse der Kunden. „In der Pandemie ist die Nachfrage dann durch die Decke gegangen.“
Dem Bedarf können die Fahrradhändler jetzt aber nicht mehr gerecht werden. Der Mitarbeiter eines großen Hamburger Zweiradgeschäfts berichtet der MOPO, dass man zurzeit bei ihm kein einziges Rad mehr erwerben könne. „Und da sind wir bei Weitem nicht das einzige Geschäft.“
Gebrauchte Fahrräder zu horrenden Preisen angeboten
Liefertermine für neue Räder – geschweige denn Termine für die 2022 angekündigten Modelle – gebe es nicht. Stattdessen werden Gebrauchträder auf den bekannten Plattformen wie „ebay Kleinanzeigen“ jetzt für abenteuerliche Preise verkauft. Der Mitarbeiter erinnert sich an ein Rennrad, das nach einem halben Jahr Nutzung und einem Unfall noch für hundert Euro unter dem Normalpreis verkauft wurde.
Auch die MOPO stößt bei der Recherche auf spektakuläre Angebote: Ein Rennrad mit Gebrauchsspuren kann man in Hamburg-Altona für 96 Prozent des Neupreises erwerben. Und das Interesse ist da: Mehr als 300 Menschen haben sich die Anzeige in nur zwei Tagen angeschaut.
Die Kunden nehmen noch andere Dinge auf sich, um an ein Rad zu kommen. Hans-Peter Obermark berichtet von Menschen, die in der Hoffnung auf Modell bis zu 200 Kilometer zu einem Fahrradgeschäft fahren.
Weihnachten: Wer schenken will, muss schnell sein
Die Händler, die bei der hohen Nachfrage enorme Umsätze generieren könnten, ärgere die Situation natürlich ganz besonders. Der Inhaber des großen Hamburger Fahrradhändlers ist laut dem Mitarbeiter ständig unterwegs, um noch irgendwo Räder und Einzelteile aufzutreiben. Und Ende ist noch lange nicht in Sicht: Laut dem VDZ-Sprecher wird sich die Situation voraussichtlich erst im Herbst 2022 entspannen.
Das könnte Sie auch interessieren: Experten alarmiert: Inflation steigt weiter – so schlägt sie im Alltag zu
Kunden, die dringend ein neues Rad benötigen oder eins zu Weihnachten verschenken wollen, rät er vor allem eins: schnell sein. „Die Auswahl wird täglich kleiner“, sagt Hans-Peter Obermark. Um an ein Rad zu kommen, müsse man sich schon etwas Mühe geben und im Zweifel einige Kilometer Fahrweg auf sich nehmen. Zudem müsse man damit rechnen, dass man sein Wunschrad nicht bekomme – sondern im besten Fall eine Alternative.