MOPO-Legende Erika Krauß – „Sie fotografierte, bis ihr die Kamera aus der Hand fiel“
Sie lesen hier einen Auszug aus dem schonungslos ehrlichen Buch „Morgen wird nicht gedruckt. Papier ist alle.“ (352 S., Junius, 29.90 Euro) zum 75. Geburtstag der MOPO, Deutschlands ältester Boulevardzeitung.
Erika Krauß geht als Deutschlands älteste Fotografin in die Geschichte der Bundesrepublik ein. Sechs Jahrzehnte arbeitet sie für die MOPO. Sie fotografiert alle Hamburger Bürgermeister seit Kriegsende, die wichtigsten Politiker der Welt und jede Menge Superstars.
Legendär ist ihr Outfit. Schwarzer Hut, schwarzer Minirock, schwarzes Oberteil, weiße Halskrause, goldene Gürtelschnalle, Ketten. Anfang der 2000er Jahre ist sie Mitte 80 – was sie aber nicht davon abhält, jeden Tag mit dem Auto in die Redaktion zu fahren.
Auch mit Mitte 80 noch dabei: Erika Krauß war sechs Jahrzehnte bei der MOPO
Dabei wäre jede Fahrt, die sie nicht macht, gut für die Unfallstatistik Hamburgs. Erikas schwarzer Golf ist außen voller Schrammen. Innen liegen jede Menge Telefonbücher bereit: Die benutzt Erika – sie ist sehr klein – als Sitzunterlage. Einmal hilft auch das nicht weiter. Sie kracht in einen Laster. „Der steht sonst nicht da“, sagt Erika zu den Polizisten.
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Geboren wird sie 1917 im schlesischen Karski. In der NS-Zeit wird sie Kamerafrau, dreht an der Seite von Regisseur Andor von Barsy 1942 „Das Bad auf der Tenne“ – ein Film, der für Ärger mit dem NS-Propagandaminister sorgt. Später, wenn ihr irgendein Vorgesetzter querkommt, pflegt sie zu sagen: „Ich habe den Goebbels überlebt, da werde ich den XY auch überleben.“
Ein besonderes Jubiläumsbuch – ganz ohne langweilige Danksagungen: Zum 75. Geburtstag der „Hamburger Morgenpost“ zieht Deutschlands älteste Boulevardzeitung blank und erlaubt ehrliche Einblicke in das Innenleben der Redaktion – ungeschönt, nicht immer hübsch, manchmal ganz schön heftig. Aber auch voller Liebe, Energie und Respekt für das, was Menschen hier in 75 Jahren geleistet haben.
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Alt-Bürgermeister Voscherau: „Sie blieb und sie fotografierte“
1950 – die MOPO ist gerade ein Jahr alt – fängt Erika in der Redaktion an. Die schwere Zeit des Wiederaufbaus, die goldenen 50er, die Studentenbewegung in den 60ern, den Kalten Krieg in den 70er und 80er Jahren, den Fall des Eisernen Vorhangs, die Wiedervereinigung, den 9/11-Terror und die folgenden Kriege, die Globalisierung, Digitalisierung – Erika erlebt das alles und fotografiert.
2013 stirbt Erika im Alter von 96 Jahren. Der Alt-Bürgermeister Henning Voscherau formuliert den Nachruf: „Erika wollte (und musste vielleicht auch) weitermachen, bis ihr die Kamera aus der Hand fiel. Kein Außenstehender wird ermessen können, wie viel Kraft es sie gekostet hat, mit 80 Jahren und schließlich sogar noch mit über 90 Jahren einfach weiterzuarbeiten. Sie blieb und sie fotografierte, wie die anderen kamen und gingen.“