• Der Angeklagte Marco T. (46, r.) neben seinem Verteidiger Jan Langhans.
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Mord an Brasilianer (†29) in Hamburg: Angeklagter lebte monatelang mit der Leiche

Wie sieht ein Mensch aus, der monatelang mit einer Leiche in seiner Wohnung lebt? Antwort: Ganz normal. Eher klein von Statur, glatzköpfig, sympathisches Gesicht, so sitzt der Angeklagte Marco T. (46) neben seinen Verteidigern und verfolgt die Verlesung der Anklage. Sein unauffälliges Äußeres steht in starkem Kontrast zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft.

Der Mann im weißen Hemd trägt Kopfhörer: Eine Dolmetscherin übersetzt die Anklage in seine Muttersprache Italienisch. Marco T. spricht Deutsch, hat auf Frage der Vorsitzenden seinen Namen und sein Geburtsdatum genannt, doch für die komplexen Anforderungen eines Gerichtsverfahrens wurde zur Sicherheit eine Übersetzerin angeheuert.

Leichnam des Brasilianers lag monatelang in Wohnung

Mit ernster Miene verfolgt der Altenpfleger die Vorwürfe: Er soll im September 2019 den Brasilianer Matheus A. (†29) ermordet haben, ob mit einer Überdosis Drogen oder durch „Gewalt gegen Mund und Hals“ konnte nicht mehr geklärt werden. Der Leichnam des jungen Informatikers lag monatelang in der Erdgeschosswohnung des Angeklagten am Venusberg (Neustadt) und war zu verwest, um die Todesursache noch feststellen zu können.

Video: Zunächst war unklar, ob es sich um den Vermissten handelt

Brasilianer Matheus A.: Das ist das Mordmerkmal

Die Staatsanwaltschaft nimmt das Mordmerkmal „Verdeckung einer Straftat“ an: Vor der Tötung soll Marco T. dem Opfer heimlich einen Cocktail aus Amphetaminen und Ecstasy verabreicht und dann versucht haben, sich an dem nahezu wehrlosen Opfer sexuell zu vergehen. Offenbar mit letzter Kraft hatte Matheus T. sich gewehrt. Eine Nachbarin hatte laute Schreie gehört.

Matheus José Gabriel A. – seit September wird er vermisst. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass er tot ist.

Die Leiche von Matheus José Gabriel A. (✝29) wurde stark verwest in der Hamburger Wohnung des Angeklagten gefunden.

Foto:

Privat/HFR

Brasilianer Matheus A.: Das hoffen Mutter und Schwester

Monatelang hatte die Familie des Opfers nach Matheus gesucht, auch in der MOPO schilderte seine Schwester die Sorgen.  Am 21. September 2019 habe er in einen Nachtclub in der Süderstraße gehen wollen, soviel wusste die Schwester, danach verlor sich die Spur ihres Bruders. Zu einer lange geplanten gemeinsamen Reise nach Brasilien am 4. Oktober 2019 erschien Matheus nicht.

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Januar 2020: In diesem Haus am Venusberg (Neustadt) wurde der Leichnam des Matheus A. gefunden.

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Roeer

Im Januar 2020 die schreckliche Gewissheit. Nach Hinweisen, dass Matheus vor seinem Verschwinden auf einer Party war und diese mit Marco T. verlassen hatte, wurde dessen Wohnung durchsucht. Unter einer Decke lag der stark verweste Leichnam des Vermissten.

Matheus A. tot: Er sollte in Deutschland friedlich leben

„Mit dem Leichenfund ist alle Hoffnung meiner Mandantinnen gestorben“, so Anwalt Denis Grünert, der Mutter und Schwester als Nebenklägerinnen vertritt: „In Brasilien war Matheus Opfer von Kriminalität geworden, deshalb hatte seine Mutter ihn nach Deutschland geschickt. Er sollte hier seine Ausbildung machen und in Frieden leben.“

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Der Saal des Landgerichts Hamburg. Links der Angeklagte (mit braunem Käppi) neben seinen Anwälten.

Foto:

dpa

Weiteres mutmaßliches Opfer von Marco T. überlebte

Als dritter Nebenkläger tritt ein Mann auf, der bereits im Juli 2018 eine ähnliche Erfahrung gemacht haben soll, der aber, anders als der Informatiker, überlebte: Auch er hatte den Angeklagten in dessen Wohnung begleitet und soll dort mit Drogen wehrlos gemacht worden sein. Anschließend soll Marco T. sein bewusstloses Opfer vergewaltigt haben. Von der Tat wurden 19 Fotos und zwei Videos sichergestellt. Zwei der Fotos soll Marco T. nach der Tat sogar an Bekannte verschickt haben. Das Opfer soll er später erpresst haben: Entweder, der Mann verbringe erneut eine Nacht mit ihm, oder die Nacktbilder landen im Netz.

Mord an Brasilianer: Marco T. schweigt zu den Vorwürfen

Der erste Prozesstag endete nach der Anklageverlesung. Marco T. ließ über seinen Verteidiger ausrichten, dass er sein Recht zu Schweigen wahrnehme. Im Ermittlungsverfahren hatte er den Mord bestritten und ausgesagt, dass Matheus A. in seiner Wohnung Drogen konsumiert habe und an einer Überdosis verstorben sei.

Für Mutter und Schwester des Toten ist das Schweigen schwer zu ertragen, so ihr Anwalt: „Meine Mandantinnen erhoffen sich Klarheit. Sie wollen wissen, was ist passiert und wie kam es dazu?“ Der Prozess ist bis Ende Oktober terminiert.

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