Mann in gestreiftem Pullover interviewt Mann in Anzug
  • Noch-Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne, l.) und N Klub Gastgeber Lars Meier sprachen über ihre Flugreisen
  • Foto: Gute Leude Fabrik

N Klub in der Kirche: Hoffnung, E-Autos und ein scheidender Senator

Es ist schon Tradition: Der letzte N Klub des Jahres findet stets in der St. Pauli-Kirche statt. Also versammelten sich all die Menschen mit guten Ideen zum Thema Nachhaltigkeit diesmal vor dem Altar des Gotteshauses auf dem Kiez. Der gastgebende Pastor unterhielt sich mit einer Vertreterin der jüdischen Gemeinde und einem katholischen Kollegen, ein Bestseller-Autor sprach über die Gefahr verzerrter Informationen und Noch-Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) erklärte, warum es okay ist, auch mal nach Mallorca zu fliegen.

Mit einem kleinen Quiz startete der letzte N Klub 2024: Wie viel Gewinn macht die fossile Industrie weltweit pro Jahr? Wie viele Subventionen bekommt sie? Und wie stark werden erneuerbare Energien ausgebaut? Christian Stöcker, Journalist, Autor und Fachhochschul-Professor fragte das Publikum und gab die verblüffenden Antworten: Eine Billion Dollar beträgt der Jahresgewinn, obendrauf kommen 1,3 Billionen Dollar Subventionen für billiges Öl und Gas: „Das ist ein grotesk verzerrter Markt“, sagt Stöcker und verkündet gleich die nächste Überraschung: „86 Prozent der neuen Stromkapazitäten sind inzwischen erneuerbar.“

Christian Stöcker, Psychologe, Hochschulprofessor und Bestseller-Autor, sprach beim N Klub in der St. Pauli-Kirche über verzerrte Informationen Caspar Hagemann / hfr
Mann in schwarzem Anzug vor einem Kirchenaltar
Christian Stöcker, Psychologe, Hochschulprofessor und Bestseller-Autor, sprach beim N Klub in der St. Pauli-Kirche über verzerrte Informationen

Die Zahlen stammen aus seinem neuen Buch „Männer, die die Welt verbrennen“. Er spricht von gezielt geschürter Black-Out-Angst und von Rohstoff-Quatsch, der über E-Auto verbreitet wird: „Die Desinformation über Energie ist ein Riesenproblem.“

Ungewöhnliche Gesprächsrunde am Altar

Lars Meier, Moderator, Agenturchef und Erfinder des N Klubs, lud anschließend eine außergewöhnliche Gesprächsrunde vor den Altar: Sieghard Wilm, Pastor der St. Pauli-Kirche, Stefanie Szczupak von der jüdischen Gemeinde Hamburg und Karl Schultz von der katholischen Gemeinde St. Ansgar, die über Glauben in schwierigen Zeiten sprachen. Das ständige „Ja, aber“ bei Gesprächen über den Gaza-Krieg würde Szczupak gerne durch ein „Ja und“ ersetzen, weil man „ein Leid nicht gegen ein anderes aufwiegen kann“. Pastor Wilm sprach über die menschliche Sehnsucht nach Hoffnung und Pfarrer Schultz verwies auf christliche Symbole, die viele gar nicht mehr als solche erkennen: „Der Regenbogen etwa, den wir auf den Fahnen sehen, ist ein biblisches Symbol der Hoffnung.“

Pastor Sieghard Wilm (St. Pauli-Kirche), Stefanie Szczupa (jüdische Gemeinde) und Pfarrer Karl Schultz (St. Ansgar) sprachen im N Klub Gute Leude Fabrik
Zwei Männer und eine Frau vor einem Altar
Pastor Sieghard Wilm (St. Pauli-Kirche), Stefanie Szczupa (jüdische Gemeinde) und Pfarrer Karl Schultz (St. Ansgar) sprachen im N Klub

Der Haspa-Nachhaltigkeitspreis in Höhe von 2500 Euro, fester Bestandteil jeder Veranstaltung, ging diesmal an den Verein „Hilldegarden“, der dafür gekämpft hat, dass der grüne Bunker auf dem Heiligengeistfeld ein öffentlicher Park wird und einen Gedenkort bekommt. Das Geld soll für Hochbeete auf dem Bunker verwendet werden, die von Kindern aus dem Viertel betreut werden.

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Klassischer Höhepunkt des N Klubs: Der Polit-Promi, der von Lars Meier befragt wird, gerne auch zu persönlichen Themen. Diesmal zu Gast: der scheidende Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Er selbst, begann Meier selbstkritisch, fliege ja zwei Mal im Jahr nach New York, der Senator ist bekannt für seine Finca auf Mallorca. Wie man damit klarkomme? So als jemand, der eigentlich auf Nachhaltigkeit setzt? Kerstan kontert cool: „Ich persönlich möchte nicht in einer Welt leben, in der junge Menschen nur das kennenlernen, was sie mit dem Rad erreichen.“ Klimaschutz, so seine These, sei keine Aufgabe des Einzelnen, sondern müsse durch geänderte Strukturen erreicht werden. Der „ökologische Fußabdruck“, mit dem Menschen ein schlechtes Gewissen gemacht werde, sei etwa eine Erfindung des Fossil-Konzerns BP.

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