Hamburgs Innensenator Andy Grote (Archivbild).
  • Hamburgs Innensenator Andy Grote (Archivbild).
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Nach Amoklauf: Das soll sich in Hamburgs Waffenbehörde ändern

Bei einer Versammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg erschießt ein Mann sieben Menschen und sich selbst. Der Besitz der Tatwaffe war ihm erlaubt, trotz Hinweisen auf psychische Probleme. Für die Waffenbehörde hat das Folgen.

Als Konsequenz aus der Amoktat bei einer Versammlung der Zeugen Jehovas im März in Hamburg-Alsterdorf wird die Waffenbehörde der Hansestadt verstärkt. Neben sechs zusätzlichen Mitarbeitern für Kontrollen würden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um das Risiko solcher Taten für die Zukunft zu minimieren, sagten Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer am Dienstag bei der Vorstellung des Maßnahmenpakets im Rathaus.

Hamburg: Maßnahmenpaket soll Waffenbehörde stärken

Der 35 Jahre alte Philipp F. hatte im März sieben Menschen und sich selbst erschossen. Der Besitz der Tatwaffe war ihm von der Waffenbehörde genehmigt worden. Eine Überprüfung in seiner Wohnung nach einem anonymen Hinweis auf psychische Auffälligkeiten war wenige Wochen vor der Tat ohne weitere Maßnahmen geblieben.

Ab sofort werde der Umgang mit solchen Hinweisen anhand sehr engmaschiger Standards geregelt, sagte Meyer. „Alle Maßnahmen sind in einer Checkliste aufgeführt, die Punkt für Punkt abzuarbeiten ist.“ Zudem solle die Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt gestärkt und dort ein Kompetenzzentrum für Risikobewertung aufgebaut werden. Außerdem soll das IT-System der Waffenbehörde ertüchtigt und das Fortbildungsangebot optimiert werden.

Mit der Festlegung neuer Compliance-Regeln sollen zudem Interessenkonflikte bei den Polizeibeamten in der Waffenbehörde umgangen werden, sagte Meyer. „Kurz gesagt: Kein dienstliches Handeln bei privater Betroffenheit.“ Wer beispielsweise eine Nebentätigkeit in einem Schießclub ausübe, könne nicht zugleich für die Waffenbehörde tätig sein. Auch entsprechende Hobbys sollen verbindlich abgefragt werden.

Polizei-Chef: „Kein dienstliches Handeln bei privater Betroffenheit“

Nach der Amoktat war bekanntgeworden, dass ein Mitarbeiter der Waffenbehörde vor seiner Tätigkeit dort einen Nebenjob in dem Schießclub des Todesschützen hatte. Er soll laut Staatsanwaltschaft auch Kenntnis von den Hinweisen aus dem familiären Umfeld des Täters auf dessen psychischen Zustand gehabt, diese aber nicht innerhalb der Behörde weitergeleitet haben. Gegen den Mann laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung.

Hamburg werde auch weiter im Bund für eine Verschärfung des Waffenrechts eintreten, sagte Grote. So sollte künftig jeder, der eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragt, ein psychologisches Gutachten vorlegen. Bislang müssen das nur Antragsteller unter 25 Jahren. „Diese Altersbeschränkung wollen wir aufheben“, sagte der Senator.

Die mit der SPD regierenden Grünen begrüßten das Maßnahmenpaket und sprachen sich ebenfalls für eine Verschärfung des Waffenrechts auf Bundesebene aus. Von der Opposition in der Bürgerschaft kamen hingegen verhaltene Reaktionen und Kritik.

Stärkung der Waffenbehörde: Kritik von der Opposition

CDU-Fraktionschef Dennis Thering nannte die Verstärkung der Waffenbehörde „alternativlos“. „Noch besser wäre gewesen, die Waffenbehörde wäre von vornherein schon besser aufgestellt gewesen und hätte die Tat so eventuell verhindern können.“ Nun komme es darauf an, das Maßnahmenpaket konsequent umzusetzen. „Eine Ankündigung alleine reicht nicht aus!“

Das Maßnahmenpaket mache die bis dato herrschenenden Missstände in der Behörde deutlich, hieß es von Linken und FDP. „Dass erst sieben Menschen getötet werden mussten, bis standardisierte Verfahren bei Hinweisen in der Waffenbehörde implementiert und Interessenskonflikte überprüft werden, ist desaströs“, sagte der Innenexperte der Linken, Deniz Celik.

Anna von Treuenfels-Frowein von der FDP erinnerte an die Messerattacke in einem Regionalzug bei Brockstedt in Schleswig-Holstein mit zwei Toten. „Der rot-grüne Senat leistet sich heute zum zweiten Mal nach einer schrecklichen Gewalttat eine traurige Versäumniskorrektur“, sagte sie.

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Die AfD begrüßte zwar die personelle Aufstockung in der Behörde, nicht aber ein schärferes Waffenrecht. „Eine Drangsalierung rechtstreuer und verantwortungsbewusster Waffenbesitzer lehnen wir ab“, sagte Fraktionschef Dirk Nockemann. (dpa/vd)

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