Nach Messerattacke: Umgang mit Ibrahim A. wirft Fragen auf
Diebstahl, mehrfache gefährliche Körperverletzung, Drogenmissbrauch, sexuelle Nötigung: Ibrahim A. (33) hat bereits eine dicke Strafakte. Nach der Messerattacke im Regionalzug in Brokstedt rückt nun auch die Sucht des mutmaßlichen Täters in den Fokus – und wirft Fragen und Forderungen auf.
Der mutmaßliche Täter von Brokstedt, Ibrahim A., sitzt bis kurz vor der Tat am vergangenen Mittwoch im Gefängnis – wegen einer Messerattacke auf einen Obdachlosen. Im Prozess 2022 widersprach er den Vorwürfen, berichtet aber von erheblichem Kokain-, Heroin- und Whiskey-Konsum zum Zeitpunkt der Tat.
In der Untersuchungshaft gehört er dann keineswegs zu den Vorzeige-Häftlingen: Er sitzt im Sicherheitsbereich, ist in zwei körperliche Auseinandersetzungen verwickelt. Ibrahim A. wird psychiatrisch behandelt und bekommt Methadon – wegen seiner Drogensucht. Die MOPO berichtete.
Hamburg: CDU-Chef kritisiert grüne Justizsenatorin
Von der Justizbehörde heißt es, dass die JVA nach der Entlassung des Tatverdächtigen kurzfristig eine Methadon-Behandlung für ihn organisiert hat. Während seiner U-Haft sei er durchgehend psychiatrisch betreut und durch einen fachkundigen Arzt mit Methadon behandelt worden. Vor der Entlassung habe es keine Anhaltspunkte für Fremd- und Eigengefährdung gegeben und auch bei späteren Kontakten in Hamburg und Schleswig-Holstein verhielt er sich unauffällig, so die Behörde.
Der Hamburger CDU-Fraktionschef Dennis Thering kann den Umgang mit Ibrahim A. nicht verstehen. Der Fall werfe extrem viele Fragen auf, sagt er zur MOPO: „Wieso hat sich das Landgericht Hamburg nicht rechtzeitig mit den Rechtsmitteln des bereits wegen einer ähnlichen Straftat verurteilten Ibrahim A., beschäftigt? Wieso wurde er wegen Unzumutbarkeit und ohne Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen, obwohl er im Sicherheitsbereich der Justizvollzugsanstalt Billwerder untergebracht war? Wieso kam die Meldung seiner Freilassung in Kiel nicht an? Wurden die Möglichkeiten zur Resozialisierung genutzt?“
Thering sieht die Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) nun in der Pflicht. Spätestens am Donnerstag müsse sie die drängenden Fragen beantworten, sagt er. Und ergänzt: „Bisher hat man leider nicht den Eindruck, dass der Hamburger Senat und die grüne Justizsenatorin zur Aufklärung der Hintergründe der Messerattacke etwas beitragen wollen.“
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Der Fahrgastverband Pro Bahn und die Gewerkschaft der Lokführer GDL sprechen sich für mehr Videoüberwachung aus. Es sei sinnvoll, sich über die Sicherheit an Bahnhöfen und in Zügen Gedanken zu machen, so Therings Einschätzung. Angriffe wie die Messerattacke können so jedoch nicht verhindert werden. „Der Fall von Ibrahim A. zeigt deutlich, dass Deutschland schwer straffällig gewordene, geduldete Ausländer konsequenter und schneller abschieben muss. Die Verfahren dauern in der Regel viel zu lang.“