Neue Attraktion für die City gefordert: Hamburg muss in dieser Krise die Chance nutzen
Blick in die 22 Meter hohe „Schauhalle“ des alten Naturkundemuseums mit Wal-Skeletten.
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Matthias Glaubrecht (57) mit einem präparierten Nashorn in seinem Museum an der Bundesstraße.
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Dort, wo sich heute am Steintorwall das hässliche „Saturn“-Kaufhaus befindet, stand es, das 1943 durch Bomben zerstörte Naturhistorische Museum Hamburg. Ein Haus von Weltgeltung! Und genau hier am Eingangstor zur Mö sollte es auch wieder hin – und zwar als Retrobau des eindrucksvollen Gebäudes, das Manfred Semper und Carl Krutisch 1891 geschaffen hatten. Hamburg muss in dieser Krise die Chance nutzen, seine Innenstadt ganz neu zu denken.
Die goldenen Zeiten von „Shopping-Paradiesen“ und gigantischen Einkaufszentren sind endgültig vorbei. Das Ziel muss jetzt sein: Weg von immer gleichen Ladenketten, hin zu echten Publikumsmagneten.
Hamburg: einmalige Museumsmeile
Nach der Eröffnung des Naturhistorischen Museums 1891 am Steintorwall besaß Hamburg eine einmalige Museumsmeile: In unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs befanden sich noch die Kunsthalle und das Museum für Kunst und Gewerbe. Nur ein paar Schritte auseinander gab es Kultur im Überfluss, gigantische Wal-Skelette, bildende Kunst, Skulpturen und Design zu bestaunen. Vorbei!
City wiederbeleben: „Baut das zoologische Museum wieder auf“
1943 trafen Bomben das Natur-Museum, zerstörten die Einrichtung und Teile der ursprünglich von Hamburger Kaufleuten und Seeleuten zusammengetragenen weltberühmten Sammlung. Doch vieles konnte gerettet werden. Zehn Millionen (!) Exponate stapeln sich heute eher schlecht als recht in einem Uni-Gebäude an der Bundesstraße.
Aktuell ist dort – eher provisorisch – das Zoologische Museum untergebracht, das sich trotz des beengten Platzes in einem bröckelnden 70er-Jahre-Gebäude durchaus regen Zuspruchs erfreut. Das liegt an seinem engagierten Leiter Matthias Glaubrecht. Der Professor und Zoologe kämpft seit Jahren dafür, dass die einmalige Hamburger Sammlung endlich in einem würdigen Rahmen präsentiert wird.
Hamburg soll neues Naturkundemuseum bekommen
Jetzt gibt es dafür eine echte Chance. Hamburg, der Bund und die Länder haben sich über die Finanzierung eines neuen Naturkundemuseums mit hohem wissenschaftlichen Anspruch geeignet. Ein „Schaufenster zur Wissenschaft“ soll es werden, sagt Uni-Professor Matthias Glaubrecht.
Hamburg: Naturkundemuseum in der Hafencity?
Er möchte mit dem neuen Haus am liebsten in die HafenCity, genauer gesagt an den Baakenhöft. Kann man verstehen, schließlich ist das ein spannender Ort und es gibt in der HafenCity schon eine Ballung von Attraktionen: Vom Miniatur-Wunderland über Dungeon bis Schifffahrtsmuseum und Automuseum.
Doch was der neue Stadtteil vielleicht schon zu viel hat, das hat die „klassische“ Innenstadt zu wenig: echte Publikumsmagneten. Und diese braucht sie aktuell ganz dringend. Immer mehr Hamburger shoppen im Internet. Das Ladensterben wird rasant weitergehen.
Hamburg: Museum am Eingang zur Mö
Deswegen: Baut das Naturhistorische und zoologische Museum ans Eingangstor zu Mö. Dort, wo es einmal stand. Professor Glaubrecht weiß, wie man die Menschen in ein Museum lockt. Das hat er als Mitglied der Leitung des Berliner Naturkundemuseums bewiesen. Bis zu einer halben Million Menschen pilgerten unter seiner Leitung jedes Jahr dorthin. Genau so etwas braucht unsere Innenstadt.
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„Saturn“ wird nun seinen Bau an dem alten Museumsstandort am Steintorwall wohl nicht hergeben wollen. Doch der Konzern Karstadt-Kaufhof wackelt aktuell ganz erheblich. Karstadt Sports an der Ecke Mönckebergstraße/ Steintorwall wird vermutlich geschlossen. Das wäre eine Chance. Wenn das Grundstück allerdings nicht zu bekommen ist, kann die Stadt immer noch einen alten Plan aufgreifen: Die Bahnfläche zwischen Steintordamm und Altmannbrücke zu überdeckeln und dort in unmittelbarer Nachbarschaft des Museums für Kunst und Gewerbe neu zu bauen.
Naturkundemuseum Hamburg: Bitte ein Retrobau!
Und zwar bitte einen Retrobau im Stil des zerstörten Gebäudes von 1891. Berlin, Frankfurt oder selbst Hildesheim haben uns vorgemacht, wie man das Stadtbild mit Bauten nach altem Vorbild verbessert. Nur Hamburg zögert, aber vielleicht hat Oberbaudirektor Franz-Josef Höing hier ja mehr Mut als sein Vorgänger Jörn Walther, der ein Fan von „Glas-Palästen“ ist.
Loki Schmidt und das Naturkundemuseum
So könnte dann endlich das Vermächtnis von Loki Schmidt (1919-2010) erfüllt werden. Die engagierte Naturkundlerin hatte bis an ihr Lebensende gegrämt, dass ihre geliebte Heimatstadt das zerstörte Naturkundemuseum nach dem Krieg nie wiederaufgebaut hat.