Neue Corona-Regeln: Alle 20 Minuten Zwangspause im Unterricht – das ist der Grund
Seit rund acht Wochen sind die Hamburger Schulen nach dem coronabedingten Lockdown wieder geöffnet. Schulsenator Ties Rabe (SPD) zog jetzt vor Beginn der Herbstferien Bilanz – und kündigte neue Regeln an.
Nach den Herbstferien sollen weitere Maßnahmen das Infektionsgeschehen an den Hamburger Schulen eindämmen. „Wir werden abweichend von anderen Bundesländern bis zum Jahresende keine mehrtätigen Klassenreisen zulassen“, sagte Rabe am Dienstag auf der Landespressekonferenz. Als Ballungszentrum sei Hamburg in einer besonderen Situation. Eintägige Schulausflüge wären aber denkbar.
Schulen in Hamburg: Mehr Luft im Klassenzimmer
Darüber hinaus werden die Lüftungsregeln nochmal angepasst. Nach den Schulferien erhalten alle Schulen die Weisung „dass mindestens alle 20 Minuten für fünf Minuten die Fenster zu öffnen sind und der Raum auf Durchzug gelüftet wird.“
Die Unterrichtsstunde soll dafür jeweils einmal unterbrochen werden. Ein regelmäßiges Kippen der Fenster fördere den Luftaustausch hingegen nicht und mache es nur kalt im Raum. CO2-Ampeln und Luftfilteranlagen seien in den meisten Fällen daher nicht notwendig und auch bisher nicht ausreichend auf den Einsatz zur Eindämmung des Coronavirus getestet.
Zusätzlich seien die umfangreichen Reinigungsmaßnahmen an den Schulen wieder etwas zurückgefahren worden, da Wissenschaftler die Schmierinfektion in Schulen als eher unbedenklich einstufen würden.
Hamburg: Linke kritisiert Lüftungskonzept an Schulen
„In der kommenden kalten Jahreszeit muss eine ausreichend gute Luftqualität, angemessene Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit in allen Unterrichtsräumen und Lehrer:innenzimmern gewährleistet sein.Ich bezweifle, dass das Lüftungskonzept der Schulbehörde dem gerecht wird“, kritisiert Sabine Boeddinghaus, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft.
„Alleine sich auf ein fünfminütiges Lüften alle 20 Minuten zu verlassen, ohne Instrumente, den Luftaustausch überprüfen zu können, ist in der Pandemie fahrlässig“. Boeddinghaus sprach sich für einen offenen Unterricht in Präsenz aus. Dafür solle die Behörde auch Räume außerhalb der Klassenzimmer bereitstellen.
Corona-Bilanz für Hamburger Schulen
355 Schüler und Lehrer waren bisher in Hamburg mit Corona-Infiziert, aktuell sind es 146. „In allen Fällen haben sich keine schweren gesundheitlichen Komplikationen ergeben. In vielen Fällen haben sich nicht einmal Symptome gezeigt“, so Rabe. Man könne zwar nicht ganz genau jeden Infektionsweg nachverfolgen, 80 bis 90 Prozent der Betroffenen hätten sich jedoch nicht in der Schule sondern im Urlaub, auf Feiern oder bei anderen Gelegenheiten angesteckt.
„Dennoch gibt es Anlass zur Besorgnis“, sagte Rabe. Gerade ältere Schüler würden sich kaum an die Regeln halten. Insbesondere ab der 8. und 9. Klasse seien größere Infektionsherde zu finden.
Hamburg Schulsenator verteidigt die Öffnungen
Der Corona-Ausbruch an der Heinrich-Hertz-Schule in Winterhude ist bisher der größte in ganz Deutschland. Mehr als 30 Schüler und Lehrer sind betroffen. Kritiker hatten die Öffnung der Schulen angesichts solcher Vorfälle im Vorfeld als riesigen Feldversuch mit ungewissem Ausgang bezeichnet.
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Rabe verteidigte seinen Kurs am Montag nochmals in der „Zeit“. Bis heute wisse niemand, welche Auswirkungen der Lockdown auf die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen haben könnte. Rabe vermutet, dass zum Beispiel Kinder aus Elternhäusern, in denen die Eltern wenig Zeit haben oder in denen kaum Deutsch gesprochen wird, es nach der Schließung schwerer haben. Zudem könne die Wissenschaft viele Fragen zur Ansteckungsgefahr von Kindern und Jugendlichen noch nicht eindeutig beantworten. Während der Herbstferien werde es erneut, wie schon im Sommer, ein freiwilliges Lernangebot geben.
Schulsenator Rabe: „Viele Baustellen“ beim Thema Digitalisierung
Beim Thema Digitalisierung räumte Rabe gegenüber der Wochenzeitung erhebliche Mängel ein. „Wir haben viele Baustellen: Wir brauchen die Software. Wir brauchen größere Rechtssicherheit. Wir brauchen Schulungen für die Lehrkräfte“, sagte Rabe.
Hamburg sei zwar unter den Bundesländern noch am schnellsten und an den Schulen der Hansestadt gebe es auch deutlich mehr Computer als sonst in Deutschland. Gleichwohl sage er „ganz nüchtern: Wir müssen bei der Digitalisierung viel, viel besser werden“.