Arbeiter kacheln die Wände der Weströhre des St.Pauli Elbtunnels.
  • 380.000 Fliesen werden gebraucht, um die Weströhre des Alten Elbtunnels komplett auszugestalten.
  • Foto: picture alliance/dpa/Markus Scholz

Neue Fliesen für den Alten Elbtunnel – was die Sanierung kompliziert macht

Der St.-Pauli-Elbtunnel ist nicht nur ein Verkehrsweg, sondern auch ein schmuckreiches Baudenkmal. Das macht die Sanierung kompliziert. Zum Glück gibt es Unterstützung aus einer anderen Elbestadt.

Seit 30 Jahren wird der Alte Elbtunnel in Hamburg-St.-Pauli saniert. Inzwischen ist ein Ende der Arbeiten in Sicht: Die zweite, westliche Röhre soll Mitte 2026 wieder eröffnet werden. Der „Innenausbau“ hat begonnen, sagt Projektleiterin Nele Tewis beim Blick in die über 420 Meter lange Röhre. Die Oströhre war bis April 2019 grundsaniert worden. Danach kam die Weströhre an die Reihe. Begonnen hatte die Instandsetzung 1994 mit den Einfahrten zu den Schachtgebäuden.

Alter Elbtunnel: 84 „Tunneltiere“ fehlen noch

Die Decke und die Seitenwände der Weströhre sind zu einem großen Teil schon mit hellen Fliesen verkleidet. 380.000 Stück werden gebraucht, um die Röhre komplett auszugestalten. Sie kommen aus dem mecklenburgischen Fliesenwerk Boizenburg/Elbe. Die kleinen beigefarbenen Deckenfliesen sind schon zur Hälfte eingebaut, auch die Seitenwände sind teilweise bereits mit größeren, quadratischen Fliesen bedeckt. 


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Etwa alle zehn Meter tut sich an den Wänden, etwas über Augenhöhe, eine rechteckige Vertiefung auf. Es sind die Plätze für die 84 „Tunneltiere“. 74 der Tierkeramiken konnten restauriert werden, 10 werden neu gefertigt. Sie müssen noch eingefügt werden, ebenso wie die grünen Schmuckfliesen, die den Kabelschacht zwischen den Lampen verdecken. Die Figuren stellen 14 verschiedene Arten von Fischen, Muscheln, Krebsen und anderen Tieren dar, die zur Bauzeit des Tunnels zwischen 1907 und 1911 in der Elbe zu finden waren. 

Elbtunnel war Prestigeprojekt

Der Elbtunnel wurde gebaut, um für Tausende Hafen- und Werftarbeiter den Weg zu ihren Arbeitsplätzen südlich der Elbe zu verkürzen. Die Fähren waren damals gerade bei Schichtwechsel überlastet und der Umweg über die Elbbrücken immens weit, erklärt Denkmalschützerin Marriet Boutez. 

Die Passage unter der Norderelbe war von Anfang an mehr als ein Verkehrsweg, er sei ein Prestigeprojekt gewesen, sagt Boutez. Darum habe man so viel Wert auf die schmuckvolle Gestaltung gelegt. Es war allerdings nicht der erste Tunnel unter einem Fluss. Im schottischen Glasgow gab es seit Ende des 19. Jahrhunderts bereits einen ähnlichen Tunnel unter dem Fluss Clyde. Noch älter war ein Tunnel unter der Themse in London, der bereits im Jahr 1843 für Fußgänger eröffnet wurde.

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Seit 2003 steht der St.-Pauli-Elbtunnel unter Denkmalschutz. Das spielt bei der Sanierung eine große Rolle. Die Produkte aus dem Fliesenwerk Boizenburg wurden vom Keramikinstitut Meißen genau geprüft. Aber nicht alle sehen genau gleich aus. „Wir suchen die Perfektion im Unperfekten“, sagt Boutez.

Fliesen unter der Elbe – beinahe wie Porzellan

Die Fliesen haben einen sehr geringen Wassergehalt, was ihre Haltbarkeit erhöht. „Das geht Richtung Porzellan“, erklärt Tewis. Die Stücke sind nicht mal handgroß. Darum brauchen sie nicht geschnitten zu werden, wobei die Glasur beschädigt werden könnte. 

Nicht alle Fliesen werden ausgetauscht. Einige konnten bewahrt werden. Sie sollen für den Besucher in einem „Referenzstreifen“ sichtbar sein. Wer genau hinguckt, kann den Unterschied sehen. Die alten Fliesen erscheinen etwas matter und haben feine dunkle Linien, eine Art Maserung, in der Glasur. 

Kein Problem mit Vandalismus im Alten Elbtunnel

Natürlich sind auch die Wände von vielen U-Bahnstationen und die des A7-Elbtunnels gefliest. Sie schützen das Bauwerk vor Feuchtigkeit und lassen sich gut reinigen. Seitdem keine Autos mehr durch den Alten Elbtunnel fahren, gibt auch weniger an den Wänden zu reinigen, erklärt Tewis. Und obwohl das Bauwerk zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Hamburgs gehört, hat es praktisch kein Problem mit Vandalismus. „Es gibt eine wahnsinnige Wertschätzung“, sagt Boutez. 

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Dabei steht der Tunnel auch für den Aufschwung Hamburgs im Kaiserreich, eine heute viel kritisierte Epoche. Das aus der gleichen Zeit stammende und eigentlich frisch sanierte Bismarck-Denkmal oberhalb der St.-Pauli-Landungsbrücken ist bereits wieder stark mit Graffiti verunstaltet. 

„Der Alte Elbtunnel gehört zu Hamburg wie Michel und Elbphilharmonie und ist das wohl bedeutendste technische Denkmal in Hamburg“, stellt Kultursenator Carsten Brosda (SPD) fest. Jährlich nutzen ihnen rund eine Million Fußgänger und 300.000 Radfahrer.

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