Esther Bejarano

Der 8. Mai ein Feiertag - das war ihr großer Wunsch: Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano (1924-2021). Foto: dpa

Neuer Feiertag für Hamburg! So will die Linke ihn jetzt durchsetzen

Es war der ganz große Wunsch der Hamburger Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano, doch zu ihren Lebzeiten ging er nicht mehr in Erfüllung – sie starb 2021 im Alter von 96 Jahren. Nun wagt die Linksfraktion einen neuen Anlauf: An diesem Mittwoch wird sie in der Bürgerschaft den Antrag einbringen, den 8. Mai zu einem gesetzlichen Feiertag zu erheben. Der Tag, an dem Nazi-Deutschland kapitulierte, jährt sich 2025 schließlich zum 80. Mal.

Der 8. Mai als Feiertag – in der Zivilgesellschaft stößt diese Idee auf viel Zustimmung. Das Auschwitz-Komitee ist dafür, die Vereinigung „Omas gegen Rechts“ ist es auch und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi steht ebenfalls dahinter.

Vor 80 Jahren kapitulierte Nazi-Deutschland

„Den 8. Mai zum Feiertag erklären – wann, wenn nicht jetzt?“, so heißt es in einer Pressemitteilung, die Verdi am Montag veröffentlichte. Ole Borgard, stellvertretender Verdi-Landesleiter, erinnert daran, dass seine Gewerkschaft bereits seit 2015 diesen Feiertag fordert. Borgard: „Faschisten und rechte Populisten gewinnen wieder an Boden, gleichzeitig zeigt eine aktuelle Umfrage, dass gut jeder zehnte junge Erwachsene in Deutschland noch nie etwas vom Holocaust gehört hat. Doch Verantwortung für die Zukunft der Demokratie kann nur übernehmen, wer sich mit der Vergangenheit auskennt. Ein Tag zur Feier der Befreiung vom Faschismus wäre ein wichtiger Schritt, um eine würdige und zukunftsgerichtete Erinnerungskultur voranzubringen. Deshalb muss der 8. Mai ein gesetzlicher Feiertag werden! Am besten jedes Jahr!“

Am 7. Mai 1945 um 2.41 Uhr unterzeichnet Generaloberst Alfred Jodl (M.) in einem Schulhaus in Reims die Urkunde über die bedingungslose Kapitulation Deutschlands. Links sein Adjudant Oberst Wilhelm Oxenius, rechts Admiral Hans Georg von Friedeburg. Alle Kampfhandlungen sollten am 8. Mai 24 Uhr eingestellt werden. dpa
Kapitulation
Am 7. Mai 1945 um 2.41 Uhr unterzeichnet Generaloberst Alfred Jodl (M.) in einem Schulhaus in Reims die Urkunde über die bedingungslose Kapitulation Deutschlands. Links sein Adjudant Oberst Wilhelm Oxenius, rechts Admiral Hans Georg von Friedeburg. Alle Kampfhandlungen sollten am 8. Mai 24 Uhr eingestellt werden.

Bereits 2021 gab es in Hamburg eine langanhaltende Diskussion darüber, den 8. Mai zu einem Feiertag zu erheben. Damals erinnerte Esther Bejarano daran, dass es eine wichtige Geste wäre, wenn Deutschland klar machen würde, dass der Tag der Kapitulation der Nazi-Diktatur kein Tag der Niederlage, sondern ein Tag der Befreiung war – ein Tag der Freude. Damals konnten sich SPD, Grüne, CDU und Linke allerdings nur darauf einigen, den 8. Mai als offiziellen Gedenktag zu begehen, nicht als Feiertag. Schon damals machte die Linke klar, dass sie sich auf Dauer mit diesem Kompromiss nicht zufrieden geben würde. Daher jetzt der abermalige Versuch, einen Feiertag durchzusetzen.

Verrückt: SPD und Grüne werden dagegen stimmen – obwohl sie eigentlich dafür sind

Die Chancen, dass das klappt, stehen allerdings schlecht. SPD und Grüne, die eigentlich beide dafür sind, dass der 8. Mai bundesweit ein Feiertag wird, kündigten an, die Angelegenheit an den Verfassungsausschuss zu überweisen, der sich nächste Woche damit beschäftigen soll. Aber warum nur? Wieso stimmen Sozialdemokraten und Grüne nicht einfach zu?

Dirk Kienscherf, der SPD-Fraktionsvorsitzende, erinnert daran, dass es bis zum 8. Mai 2025 nur noch zwölf Wochen sind. „Als SPD-Fraktion wollen wir den Gedenktag langfristig weiterentwickeln“, so Kienscherf zur MOPO. „Dazu setzen wir aber nicht auf Hau-Ruck-Aktionen mit wenig Vorlauf, sondern auf Koordination und Abstimmung. Es würde der Bedeutung des 8. Mais gerecht werden, wenn eine Feiertagsinitiative im Verbund der norddeutschen Bundesländer oder darüber hinaus vorangebracht wird. Voraussetzung dafür ist eine breite gesellschaftliche Debatte.“

Und was sagt Jennifer Jasberg, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, zu diesem Thema? „Wir Grüne fordern schon lang einen Feiertag – in Hamburg und bundesweit. Auch koalitionsintern haben wir immer wieder dafür geworben. Auch wenn es bisher zu keiner Einigung in dieser Sache gekommen ist, möchten wir diese Debatte nun nicht inmitten des laufenden Wahlkampfs führen. Die vorletzte Bürgerschaftssitzung, wenige Wochen vor der Wahl, ist hierfür spürbar ungeeignet. In der kommenden Legislaturperiode wird ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, um eine langfristig tragfähige und breit akzeptierte Entscheidung zu treffen. Wir werden uns aktiv dafür einsetzen, dass der 8. Mai auf diese Weise zum Feiertag wird.“

„So kurz nach Esther Bejaranos 100. Geburtstag wäre der perfekte Zeitpunkt gewesen“

Damit wird die Angelegenheit also erneut auf die lange Bank geschoben. Einer, der das zutiefst bedauert, ist Artur Brückmann vom „Hamburger Ratschlag für den 8. Mai als Feiertag“. „Kurz nach dem 100. Geburtstag von Esther Bejarano wäre es zum 80. Jahrestag der Befreiung wirklich Zeit, den 8. Mai endlich zum Feiertag zu machen“, findet er.

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Brückmann erinnert an das, was Esther Bejarano am 3. Mai 2021 in einer Rede vor dem Lessing-Denkmal auf dem Hamburger Gänsemarkt sagte: „Heute vor 76 Jahren bin ich in dem kleinen mecklenburgischen Städtchen Lübz befreit worden, befreit von den amerikanischen und den sowjetischen Truppen. Ihr kennt meine Geschichte: Auf dem Marktplatz haben die Soldaten ein Hitlerbild verbrannt, alle haben gefeiert, lagen sich in den Armen – und ich habe dazu Akkordeon gespielt. Mein größter Wunsch für den heutigen Tag war, noch einmal zu erleben, wie Amerikaner und Russen sich wie damals in Lübz umarmen und küssen und gemeinsam das Ende des Krieges feiern! Den FRIEDEN feiern!“

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