Neues Modellprojekt: So will Hamburg jetzt Obdachlosen helfen
Erst einmal ein Dach über dem Kopf: Bei dem Konzept „Housing First“ steht das, was für viele Obdachlose sonst das Ende einer langen Reise ist, ganz am Anfang – eine eigene Wohnung. Denn mit Ruhe und einem Zuhause lassen sich häufig noch vorhandene andere Probleme besser lösen. Jetzt will auch die Stadt das Konzept ausprobieren.
Mit einem dreijährigen Modellprojekt soll in Hamburg ein weiterer Ansatz zur Hilfe für Wohnungslose erprobt werden. Nach dem sogenannten Housing-First-Ansatz soll Wohnungslosen ab Juli ungeachtet möglicher anderer Problemlagen wie psychischer oder Suchterkrankungen zunächst ein unbefristetes Mietverhältnis vermittelt werden, teilte die Sozialbehörde am Montag mit.
Das Projekt richte sich gezielt an Menschen, die seit langer Zeit ohne Wohnung sind und aufgrund multipler Problemlagen über das bisherige Wohnungslosenhilfesystem nicht erreicht werden konnten.
Obdachlosenhilfe in Hamburg: 880.000 Euro werden investiert
„Indem sie eine feste Wohnung haben, sollen sie sich erholen können, gesund werden und in eine Situation gelangen, in der sie Unterstützungsleistungen annehmen können“, heißt es in der Mitteilung der Behörde. „Unser Ziel ist es, damit weiteren Menschen zu ermöglichen, das Leben auf der Straße hinter sich zu lassen“, erklärte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD).
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Im Rahmen des Projekts, das wissenschaftlich begleitet wird und für das die Behörde auf Ersuchen der Bürgerschaft rund 880.000 Euro zur Verfügung stellt, sollen für bis zu 30 Haushalte Wohnungen vermittelt werden.
Die Vermittlung und die begleitende Unterstützung der Obdachlosen übernehme ein Trägerverbund aus Diakonischem Werk, der Benno und Inge Behrens-Stiftung und dem Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Hamburg-Ost.
Housing First: Das Konzept ist bereits aus anderen Städten bekannt
„Der Housing First Ansatz hat sich bereits in anderen Städten bewährt und gezeigt, dass eine bedingungslose Wohnraumvermittlung einen nachhaltigen Effekt zur Besserung der Lebenssituation der Betroffenen mit sich bringt“, sagte der Experte der SPD-Fraktion für Obdachlosenhilfe, Iftikhar Malik. „Hier steht der Zugang zu eigenem Wohnraum am Anfang einer positiven Entwicklung und nicht erst am Ende.“
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Auch in Hamburg wolle man jetzt diesen Paradigmenwechsel einleiten „und den direkten Zugang von Obdachlosen zu eigenem Wohnraum und begleitender Unterstützung fördern“, sagte Maliks Grünen-Kollegin Mareike Engels. „Dieser Ansatz ermöglicht schnell und nachhaltig den Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben.“
Die Linksfraktion forderte, Housing First in Hamburg gleich zum Leitbild der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe zu machen. Dass es funktioniere, sei in einer Vielzahl an Evaluationen bereits belegt worden. „Daher ist es mir ein Rätsel, warum Hamburg dann noch ein weiteres Modellprojekt mit bescheidenen 30 Plätzen braucht und erst einmal die Wirksamkeit untersuchen will“, sagte die sozialpolitische Sprecherin der Linken, Stephanie Rose. (dpa/ncd)