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Niqab-Streit in Hamburg: Verschleierte Schülerin will bis vor Verfassungsgericht ziehen

Hammerbrook –

Im Streit um ihre Vollverschleierung will die Familie von Menna F. (16) notfalls bis vors Verfassungsgericht ziehen. Das sagte jetzt ihr Anwalt Alexander Heyers gegenüber der MOPO. Das Mädchen, das auf eine Berufsschule in Hammerbrook geht, darf derzeit im Niqab zum Unterricht erscheinen. Die Stadt Hamburg wollte das verhindern, war aber vor Gericht gescheitert.

Schulsenator Ties Rabe hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Vollverschleierung im Unterricht zu verhindern. Doch die Stadt war zunächst vor dem Verwaltungsgericht gescheitert und ihre Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht wurde zurückgewiesen.

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Bei einer Vollverschleierung ist außer den Augen nichts vom Gesicht und den Haaren zu sehen.

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Hamburger Gericht lässt Schülerin mit Niqab zum Unterricht

Daher darf die 16-Jährige – Tochter einer Deutschen und eines Ägypters – nun verschleiert zur Schule kommen. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen darauf verwiesen, dass es für ein Verbot der Vollverschleierung in der Schule keine gesetzliche Grundlage gibt.

Das Gericht urteilte außerdem, dass die Schulbehörde nach gegenwärtiger Rechtslage von der Schülerin nicht verlangen könne, während des Schulbesuchs auf Gesichtsverhüllung zu verzichten. Die Schülerin kann für sich die vorbehaltslos geschützte Glaubensfreiheit in Anspruch nehmen. Eingriffe in dieses Grundrecht sieht das hamburgische Schulgesetz gegenwärtig nicht vor.

Die Schulbehörde kündigte daher eine zügige Änderung des Schulgesetzes an. Die könne laut Senator Ties Rabe in ein bis zwei Monaten durch sein. Rabe: „In der Schule gehört es sich, dass Lehrer und Schüler ein offenes freies Gesicht haben, nur so kann Schule und Unterricht funktionieren.“

Niqab-Schülerin: Anwalt zieht vors Bundesverfassungsgericht

Der Anwalt der Schülerin reagiert prompt auf diese Kampfansage: „Dann würden bis wir vors Bundesverfassungsgericht ziehen“, sagte Alexander Heyers zur MOPO. Denn da gehöre das Thema auch hin. Der Anwalt räumt ein, das „politische Ansinnen“ hinter einer Gesetzesänderung durchaus zu verstehen. „Ich denke aber, dass politische Fragen, die tief in Grundrechte einwirken, vor dem Bundesverfassungsgericht geklärt werden sollten.“

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Die Hamburger Parteien sind mit Ausnahme der Linken für ein Verschleierungsverbot an Schulen. Auch die Schülerkammer, die Vertretung der Hamburger Schüler, unterstützt das, da Vollverschleierung ein Zeichen von „Ausgrenzung und Unterdrückung“ sei. Schülerkammer-Sprecher Henry Behrens: „Dabei können wir uns ein Beispiel nehmen an bereits bestehende gesetzliche Regelung in Bayern und Niedersachsen.“

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist gegen Verbote

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht die Verschleierung sehr problematisch, spricht sich aber trotzdem gegen ein Verbot von Vollverschleierung für muslimische Mädchen an Schulen aus. GEW-Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann sagte im Deutschlandfunk, ein Verbot sei eigentlich immer das Ende eines Dialogs. Es lasse nicht mehr viele Möglichkeiten der pädagogischen Intervention offen.

Aus ihrer Sicht muss zunächst nach den Gründe gefragt werden, warum eine junge Frau in Vollverschleierung in die Öffentlichkeit tritt. Es könne sein, führte Hoffmann im Deutschlandfunk aus, dass das von zu Hause aus verlangt werde aus streng religiösen oder islamistischen Motiven.

Es könne aber auch ein Protest gegen ein liberales Elternhaus sein. Hoffmann zufolge kann die Verschleierung auch ein Hinweis auf Radikalisierung sein. Da sei es wichtig, im Dialog zu bleiben und dann vielleicht den einen Moment zu finden, wo man ein junges Mädchen vor solchen Schritten noch zurückhalten könne.

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