Nonne soll Leiterin werden: Hilfe für Obdachlose: Zoff um frommen Kurs der Alimaus
Zoff in der Alimaus: Es geht um einen neuen, frömmeren Kurs, den der katholische Trägerverein in der Obdachlosentagesstätte durchsetzen will und der viele Ehrenamtler verschreckt. Priester Kuno Kohn (66) ist frisch gewählter Vorsitzender des Trägervereins. Die MOPO sprach mit ihm über die Zukunft der Alimaus.
Bis zu 200 Obdachlose standen am Mittwoch vor dem Pavillon am Nobistor – erstmals war die Tagesstätte geschlossen, es gab kein Essen. Koch und Küchenhilfe hatten sich krank gemeldet. Aus Protest gegen den Umgang mit der bisherigen Leiterin Christiane Hartkopf, wie es aus Kreisen der Ehrenamtler hieß.
Hilfe für Obdachlose in Hamburg: Zoff um frommen Kurs der Alimaus
Hartkopfs Vertrag wurde nach zwei Jahren nicht verlängert, was viele Helfer erbost, gilt sie doch als fähig und zugewandt und hat den Kältebus ins Leben gerufen. Nun soll nach dem Willen des Trägervereins eine Ordensfrau die Leitung der Alimaus übernehmen, so wie es früher immer war.
Katholische „Berufschristen“ hätten mit Christiane Hartkopf eine Frau abgesägt, die Nächstenliebe praktiziert hat, ohne in der Kirche zu sein, so die Sichtweise vieler jüngerer Freiwilliger.
Alimaus in Hamburg: der Riss ist tief
Der Riss ist tief und geht quer durch die Helferschaft. Besonders die Aktiven, die nächtens mit dem Kältebus Hamburgs Obdachlose versorgen, fühlen sich Hartkopf so stark verbunden, dass ein Verbleiben des Teams bei der neuen „frommen“ Alimaus fraglich ist.
Kuno Kohn („Ich bin Schiffersohn“) übernimmt also ein schwankendes Schiff und ist im Gespräch mit der MOPO hörbar darum bemüht, die Wellen zu glätten: „Ich wünsche mir im Umgang miteinander Respekt, Klarheit und eine gewisse Großzügigkeit.“ Und an die Adresse der Kältebus-Helfer: „Ich bin nicht so schrecklich, wie manche denken.“
Neuer Alimaus-Vereinschef: „Ich bin ein Weltenbummler“
Warum der Vertrag von Christiane Hartkopf nicht verlängert wurde, dazu will der frisch gewählte Vorsitzende nichts sagen: „Welche Vorstellungen da nicht übereinstimmten, weiß ich nicht.“ Für die Protestaktion der Ehrenamtler hat er kein Verständnis: „Ich kann Wut und Boykott nachvollziehen, aber nicht auf Kosten der Obdachlosen.“
Wie soll es nun weitergehen? Wer ist der neue Vereinschef überhaupt? „Ich bin ein Weltenbummler“, sagt Kohn, selbst Ehrenamtler bei der Alimaus, erst als Brötchenschmierer, dann zuständig fürs Duschenputzen.
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Jugendpfarrer war er, kirchlicher Eheberater, arbeitete in einem Frauenprojekt in Südamerika – und hält tagelange spirituelle Initiationsriten für Männer ab, im Wald und nach christlich-buddhistisch-schamanischen Regeln.„Ich bin ein bunter Hund“, ergänzt Kohn die Selbstbeschreibung.
Vor vier Jahren kam er nach Hamburg zurück, arbeitet in der Teestube Sarah, die sich um Prostituierte auf den Straßen von St. Pauli kümmert.
Wird es in der Alimaus nun frömmer zugehen? Wird mehr gebetet, wenn eine Ordensschwester das Sagen hat? Kohn: „Vielleicht wird es gemeinschaftliche Rituale geben, vielleicht singt man zusammen. Es wird weitergehen, um die Alimaus ist mir nicht bange.“ Am Donnerstag fand bereits wieder eine Essensausgabe statt.