Die Einsatzkräfte haben die Besucher:innen auf der Wiese im Blick.
  • Im Stadtpark wurde im September 2020 eine Schülerin von mehreren Männern vergewaltigt (Symbolbild)
  • Foto: Marius Röer

Online-Pranger nach Gruppen-Vergewaltigung im Stadtpark

Eine Petition geht in den sozialen Medien viral: Tausende Unterstützer fordern, dass die Tatverdächtigen der Gruppen-Vergewaltigung im Hamburger Stadtpark mit Namen und Gesichtern öffentlich gemacht werden. In einem Instagram-Account sind die Fotos von sieben Männern zu sehen. In den Kommentaren tobt der Mob, die Kripo ermittelt.

„Der Instagram-Account sowie die Petition sind uns bekannt. Die zuständige Kriminalpolizei hat Ermittlungen aufgenommen, die derzeit noch andauern. Hierbei wird auch geprüft, ob gegebenenfalls Strafverfahren einzuleiten sind“, heißt es auf MOPO-Nachfrage seitens der Hamburger Polizei.

Online-Pranger nach Vergewaltigung im Stadtpark

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwölf Jugendliche und Heranwachsende zwischen 17 und 21 Jahren, die unter Verdacht stehen, im September 2020 gemeinsam ein 15-Jähriges Mädchen im Stadtpark vergewaltigt zu haben. Von mindestens neun Männern wurden Spermaspuren festgestellt.

Dass 14 Monate nach dem Verbrechen keiner der Verdächtigen in U-Haft sitzt, sorgt bei vielen Menschen für Unverständnis – und lässt bei einigen sämtliche Sicherungen durchbrennen. Ein Instagram-Account zeigt die Gesichter von sieben jungen Männern, die Fotos offenbar von deren Social-Media-Kanälen geklaut: ein Online-Pranger.


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Die Behauptung: Das seien „die Täter“ aus dem Stadtpark. In den Kommentaren: Todeswünsche, brutale Folterfantasien, rassistische und islamophobe Ausfälle, sogar die Wohnadresse eines der angeblichen Verdächtigen wird veröffentlicht. Bevor die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat, ist der Instagram-Gerichtshof längst zu einem Urteil gekommen – jenseits jeder Unschuldsvermutung. Mehr als 8000 Follower hat der Account nach kurzer Zeit.

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In der Petition werden die Verdächtigen als „wilde Tiere“ bezeichnet, die nicht mehr unter Menschen leben dürfen. Tausende Unterzeichner fordern, dass – ohne Nachweis der Schuld – Namen und Gesichter der angeblichen „Täter“ der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Einer der Verdächtigen hat eine Ausbildung bei einem sozialen Unternehmen in Hamburg begonnen. Auch hier wurden die Hobby-Ankläger von Instagram vorstellig: „Seit Freitagmorgen erreichen uns nach und nach Zuschriften mit Hinweisen darauf, dass einer unserer Mitarbeiter mutmaßlich zum Kreise der Tatverdächtigen gehört“, heißt es auf der Seite der Organisation. Sollten sich die Tatvorwürfe bestätigen, werde man arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehen, bis dahin sei der Mitarbeiter freigestellt. In der Petition wird seine sofortige Entlassung gefordert.

Vergewaltigung im Stadtpark: Darum ergingen keine Haftbefehle

Aber warum sind die jungen Männer nicht in U-Haft? „Um einen Haftbefehl beantragen zu können, brauchen wir einen dringenden Tatverdacht plus einen Haftgrund“, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft zur MOPO. Haftgründe sind Flucht-, Verdunklungs- oder Wiederholungsgefahr (nur bei schweren Straftaten wie Vergewaltigung). Wenn jemand einen festen Wohnsitz hat, besteht zum Beispiel geringere Fluchtgefahr.

Nur bei einem der Stadtpark-Verdächtigen reichten die Voraussetzungen, er wurde von der U-Haft jedoch verschont. Das kann unter Auflagen geschehen, der Verschonte darf sich dann etwa einem Opfer nicht nähern, muss eine Kaution hinterlegen oder sich regelmäßig bei der Polizei melden.

Die Staatsanwaltschaft wurde durch die MOPO auf die Petition und den Instagram-Account aufmerksam gemacht. Eine Sprecherin verwies auf die Unschuldsvermutung, die bis zum Urteil auch für jene Männer gelte, die im Netz bereits als „Täter“ gebranntmarkt werden. Die Anklageerhebung stehe kurz bevor.

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