Paulihaus besiegelt!: Berliner Milliardär erhält Zuschlag für umstrittenes Bauprojekt
St. Pauli –
Im Stadtteil gibt es heftigen Widerstand gegen das Paulihaus – und nun sieht es so aus, als würde sich der geplante Bürobau neben der Rindermarkthalle nicht mal finanziell lohnen. Das schließt zumindest die Fraktion der Linken aus einer Senatsanfrage. SPD und Grüne halten dagegen. Am Donnerstag wurde die Anhandgabe des Grundstücks abgesegnet.
„Das Paulihaus entwickelt sich zum Minusgeschäft für die Stadt Hamburg“, sagt Heike Sudmann, die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion.
Paulihaus: Stadt Hamburg muss sechs Millionen Euro zahlen
Warum sie davon überzeugt ist? Weil die Stadt laut ihrer Anfrage zwar für das Erbbaurecht auf dem Grundstück an der Ecke Neuer Kamp/Budapester Straße 6,5 Millionen Euro von der Investorengruppe bekommt. Allerdings muss sie die Fläche zuvor herrichten – und das kostet sie sechs Millionen Euro. Bleiben unterm Strich also nur 500.000 Euro Überschuss. Zudem muss die Stadt noch 312.000 Euro als Ablöse für Stellplätze zahlen.
SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf bestätigt die Rechnung. Er hält den Vertrag, der heute in der Kommission für Bodenordnung abgesegnet wurde, trotzdem für richtig und sinnvoll. Kienscherf zur MOPO: „Es ist im Interesse der Stadt, dass Grund und Boden wertsteigernd weiterentwickelt werden. Genau das passiert beim Paulihaus.“
Dirk Kienscherf: Wert des Grundstücks auf St. Pauli steigt
Der Wert des Grundstückes steige durch die Beseitigung von Altlasten um ein Vielfaches und es würden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Kienscherf: „Das bedeutet auch ein Plus an Steuereinnahmen für die Stadt. Wer nur die Einnahmen aus dem Erbbaurecht in den Blick nimmt, greift zu kurz.“
Derzeit liegt die Umsetzung des Projektes auf Eis, weil die Inhaberin des indischen Restaurants „Maharaja“, das auf dem Grundstück liegt, gegen die Räumungsklage gerichtlich vorgeht. Ende dieses Monats soll es eine Entscheidung geben.
Im Video: „Maharaja“ kämpft gegen Räumungsklage
Besonders pikant ist ein Detail der Senatsantwort: Einer der Hauptmieter des geplanten Bürobaus, die „Pahnke Markenmacherei“, wurde von der Stadt als Wirtschaftsförderungsfall eingestuft. Die Werbeagentur gehört laut der Linken allerdings zu zwei Dritteln dem Berliner Milliardär Axel Oberwelland (Storck), der laut „Forbes“-Magazin mit einem geschätzten Vermögen von mehr als 4,5 Milliarden US-Dollar zu den 500 reichsten Menschen der Welt zählt. Auch am Paulihaus würde er direkt Anteilseigner mit 25 Prozent sein.
Paulihaus in Hamburg: Berliner Milliardär wird gefördert
Seine Agentur soll angeblich wegen der günstigen Lage unbedingt auf genau diesem Grundstück seine Zelte aufschlagen wollen und habe mit Abwanderung nach Berlin gedroht. Allerdings werden auf St. Pauli von den beiden Investoren laut Senat nur 57 Arbeitsplätze geschaffen. Rechnet man die 25 Jobs dagegen, die nun beim Gebäudeabriss im Restaurant „Maharaja“ wegfallen, bleiben 32 Arbeitsplätze. Da ist die Drohung abzuwandern nicht so gefährlich.
Doch was sagt die Stadt dazu, dass die Firma, an der ein Berliner Milliardär beteiligt ist, in Hamburg zu einem Wirtschaftsförderfall deklariert wird? „Bei Wirtschaftsförderungsfall denkt man automatisch an Subventionen und Bedürftigkeit. Dies ist aber nicht der Fall“, sagt Andreas Köpke von der städtischen Hamburg Invest gegenüber der „Zeit“.
Es gehe dabei nur darum, ob die Stadt ein Grundstück verkaufe oder verpachte. Köpke: „Dies geschieht nur dann, wenn für Hamburg festgelegte positive Effekte erreicht werden. Es ist also völlig egal, ob eine der Parteien Milliardär ist.“
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Wie viele weitere Arbeitsplätze durch die Mieter im Paulihaus entstehen, will der Senat mit Verweis auf das Betriebsgeheimnis der Firmen nicht verraten. Laut der Aktivisten von „St. Pauli Code Jetzt“, wird ein Großteil der Büroflächen als Co-Working-Space vermietet.
Laut Senat werden im neuen Bürokomplex aber auch 712 Quadratmeter Mitflächen für eine stadtteilbezogene Nutzung zur Verfügung stehen. Der Investor ist verpflichtet, diese Flächen für eine Nettokaltmiete von 14 Euro zu vergeben. Den Bestandsmietern Max Autowerkstatt und dem Tonstudio müssen laut Senat Mietangebote zu marktüblichen Konditionen unterbreitet werden. So schreibt es der Erbbaurechtsvertrag vor. (san/tst)