Personalmangel! Gastro offen – aber niemand bedient Gäste
Dass Hamburgs Hotels und Gaststätten unter Auflagen wieder öffnen dürfen, ist nach monatelangem Lockdown ein Grund zur Freude. Doch wer bedient die Gäste? Laut der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) herrscht Personalmangel in der Branche. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht das ähnlich.
Nach Angaben der Arbeitsagentur haben in der Hansestadt zwischen Juni 2019 und Juni 2020 rund 6200 Beschäftigte das Gastgewerbe verlassen – das ist jeder neunte Arbeitnehmer (minus elf Prozent). Die Gewerkschaft geht davon aus, dass sich die Situation seit dem Herbst angesichts des andauernden Lockdowns weiter zugespitzt hat. „Das Gastgewerbe blutet seit Beginn der Pandemie personell aus“, sagt NGG-Geschäftsführerin Silke Kettner. Ihre Befürchtung: Der lang ersehnte Urlaub oder der Restaurantbesuch könnte am Fachkräfte-Notstand scheitern.
Hamburg: Die Gastro ist offen – aber es gibt zu wenig Personal
Die Geschäftsführerin der NGG-Region Hamburg-Elmshorn macht für die Situation insbesondere die Einkommenseinbußen durch das Kurzarbeitergeld verantwortlich. Angesichts der niedrigen Löhne im Hotel- und Gaststättengewerbe kämen die Beschäftigten selbst mit 80 Prozent des Kurzarbeitergeldes, das ab dem siebten Bezugsmonat gezahlt werde, nicht über die Runden – und seien gezwungen, sich beruflich umzuorientieren. Dringend gebrauchte qualifizierte Kräfte seien in andere Branchen abgewandert, etwa in den Lebensmitteleinzelhandel, zu Drogerie-Ketten oder in die Lieferbranche.
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Schon vor Corona seien die Arbeitsbedingungen im Gastgewerbe alles andere als rosig gewesen. „Die Betriebe haben es versäumt, die Arbeit attraktiver zu machen. Das rächt sich jetzt“, so Kettner weiter. Die NGG appelliert an den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, gemeinsam einen Zukunftsplan für die Region zu entwickeln.
Personalmangel in Hamburgs Gaststätten: Das sagt die Dehoga
Der Dehoga sieht das ähnlich. Die Situation sei grotesk, da einerseits Personalmangel herrsche, andererseits aber auch viele Mitarbeiter noch in Kurzarbeit seien. „Schätzungsweise 30 Prozent der Mitarbeiter sind während der Pandemie in andere Branchen abgewandert. Aufgrund der Kurzarbeit waren viele Betriebe gleichzeitig nicht in der Lage, weitere Mitarbeiter einzustellen – und das durfte ja auch niemand“, erklärt Niklaus Kaiser von Rosenburg, Vorstandsmitglied des Dehoga in Hamburg gegenüber der MOPO.
Die Engpässe entstehen also nicht nur durch Fachkräftemangel, sondern auch dadurch, dass die Gaststättenbetreiber und Hoteliers ihre Mitarbeiter erstmal wieder aus der Kurzarbeit holen und neues Personal einstellen müssen. Das sei besonders in der Hotellerie schwierig. „Hotels arbeiten häufig mit Fremdfirmen zusammen und müssen ihre Mitarbeiter aus dem Ausland holen“, so der Dehoga-Vizepräsident. Zudem habe es schon vorher Fachkräftemangel in der Branche gegeben – und viele Azubis, die während der Pandemie ausgelernt haben, hätten das Gewerbe gewechselt.
Hamburg: Dehoga hofft auf Rückkehr der Fachkräfte
Da es keine Impfpriorität für Menschen aus dem Gastgewerbe gab und viel Kontakt mit Menschen gefordert ist, sei der Beruf derzeit nicht für alle attraktiv. „Es wird eine Weile dauern, bis wir Menschen wieder für unseren Beruf begeistern können. Aber wir arbeiten daran“, sagt Kaiser von Rosenburg. Er glaubt daran, dass die Fachkräfte in die Branche zurückkehren – sobald der Tourismus wieder läuft, die Lokale voll sind und die Angst vor Kontakten zurückgeht.