Pöbeleien und irre Forderungen: So treten „Reichsbürger“ in Hamburger Ämtern auf
Sie halten die Bundesrepublik für eine GmbH, lehnen Verfassung und staatliche Institutionen als illegitim ab. Entsprechend bizarr wird es, wenn selbst ernannte „Reichsbürger“ in Ämtern auftauchen. Die Senatsantwort auf eine CDU-Anfrage gibt nun einen Eindruck davon, was Hamburger Verwaltungsmitarbeiter mit der wachsenden Szene der Reichsbürger erleben.
Sie verlangen, dass „Bürger des Deutschen Reiches“ in ihre Pässe und Urkunden eingetragen wird, wollen ihre Daten aus allen Melderegistern löschen lassen oder geben ihre Personalausweise unter wüsten Pöbeleien gleich ganz ab – immer wieder kommt es in Hamburger Behörden zu Konflikten mit „Reichsbürgern“. Oft sehen sich die Mitarbeiter dabei Beschimpfungen und haltlosen Drohungen mit angeblich rechtlichen Konsequenzen ausgesetzt, so der Senat. Seit Beginn der Pandemie im März 2020 wurden gegen drei „Reichsbürger“ Strafanzeigen wegen Beleidigung erstattet.
So treten „Reichsbürger“ bei Hamburger Ämtern auf
Besonders Jugendämter schildern Einzelfälle, in denen die Zusammenarbeit mit „Reichsbürgern“ hoch problematisch sei. In drei Fällen wurde das Familiengericht eingeschaltet, um den Kinderschutz zu gewährleisten, heißt es in der Senatsantwort. In einem Fall verweigerten die Eltern immer wieder die gerichtlich angeordnete Inobhutnahme eines Kindes trotz der Unterstützung durch die Polizei.
Auch Gerichte haben unter der Szene zu leiden: „Gerichtliche Verfahren werden durch die Stellung zahlreicher Anträge kompliziert. Forderungen der Justizkasse werden nicht anerkannt und Zahlungen verweigert“, so der Senat.
Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.
Wer sind diese Leute? „Das Milieu der Reichsbürger und Selbstverwalter umfasst ein breites Personenspektrum vom Rechtsextremisten über den Esoteriker bis hin zum Verschwörungsideologen“, heißt es im Hamburger Verfassungsschutzbericht. Die Szene verzeichnet starken Zulauf: 2016 rechnete der Verfassungsschutz 90 Personen diesem Kreis zu, im Jahr 2021 sind es bereits 259. Knapp zehn Prozent seien Rechtsextreme.
Das könnte Sie auch interessieren: „Reichsbürgerin“ bei der Polizei in Hamburg
Laut Senat ist die „Verfassungsgebende Versammlung“ (VV) besonders aktiv in Hamburg. Deren Mitglieder lehnen das Grundgesetz ab, betrachten die Bundesrepublik als „Firma“ und streben einen „Bundesstaat Deutschland“ an – für den sie schon mal „Dekrete“ und „Immunitätsnachweise gegenüber der Bundesrepublik“ ausstellen.