MOPO-Talk: Ist Hamburgs Hafen noch zu retten?
Weniger Warenumschlag, viel Schlickbaggerei und die Konkurrenz zieht vorbei: Wie kommt Hamburgs Hafen aus der Krise? Der Hafen muss sich verkleinern, sagen die einen, der Hafen braucht mehr Untertstützung von der Stadt, sagen die anderen. Wie diese Szenarien konkret aussehen könnten, darüber haben Gunther Bonz, Präsident des Unternehmerverbands Hafen Hamburg, Nikolas Hill vom „Hamburg Konvent“ und die Hafenexperten der SPD- und Grünen-Fraktion, Markus Schreiber und Miriam Putz, beim MOPO-Talk mit Gastgeber Marco Carini diskutiert.
„Wir sehen einen ständigen Rückgang des Warenumschlags“, sagt Bonz am Montag im „Gausz” in Ottensen. Das betreffe nicht nur Container, sondern auch Massen- Flüssig- und Stückgüter. Der Hamburger Hafen sei „auf dem absteigenden Ast“. Die Zahlen belegen, dass der Seegüterumschlag im Hafen ein Minus von 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet hat.
Konkurrenzhäfen hängen Hamburg ab
Hamburg fällt immer weiter hinter die Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen zurück. Bonz macht dafür vor allem drei Faktoren verantwortlich: Bestimmte Steuervorteile für Reedereien, die es in Deutschland bislang nicht gibt, Subventionen durch die EU und eine bessere Infrastruktur, was die Anbindung ins Hinterland angeht. In den Hamburger Hafen würde hingegen zu wenig investiert, daher fordert Bonz mehr „Wettbewerbsgerechtigkeit“. Hamburg müsse sich nach Europa orientieren, andernfalls könne der Hafen nur noch verkleinert werden. „Dazwischen gibt es nichts”, so Bonz.
Den Hafen kleiner denken, genau das fordert die zivilgesellschaftliche Initiative „Hamburg Konvent“. „Man muss akzeptieren, dass wir keinen Anschluss mehr zu Rotterdam und Antwerpen finden“, sagt Vertreter Nikolas Hill. „Es muss in Köpfe investiert werden, statt in Container.“ Heißt: Der Hafen soll weiter eine wirtschaftliche Bedeutung haben, aber Teile der Hafenflächen sollen für Forschung und Wissenschaft genutzt werden.
SPD und Grüne wollen Hafen als Industriegebiet
Die Hafenexperten von SPD und Grünen, Markus Schreiber und Miriam Putz, stimmen allerdings eher dem Präsidenten des Unternehmerverbands Hafen Hamburg zu. „607.000 Arbeitsplätze in Deutschland hängen vom Hamburger Hafen ab, wir brauchen den Hafen“, sagt Schreiber.
Putz ist es wichtig, auch aus grüner Perspektive zu schauen, welche Branchen zukunftsrelevant sind: „Der Hafen braucht eine Vision, für mich ist das der emmissionsfreie Hafen 2040.“ Dafür brauche es zum Beispiel mehr E-Lastwagen, einen Ausbau der Hafenbahn sowie mehr Solar- und Windkraftanlagen.
Entwurf für neuen Hafenentwicklungsplan
Der Senat arbeitet derzeit an einem neuen Hafenentwicklungsplan, der die strategischen Leitlinien für die nächsten Jahrzehnte festlegen wird. SPD-Mann Schreiber gibt ein paar erste Hinweise, welche Punkte im Entwurf stehen: Mehr Digitalisierung und mehr Klimaschutz. „Der Hamburger Hafen soll Hotspot in der Wasserstoffwirtschaft werden“, so Schreiber. Auch das Flächenmanagement wird etwa mit dem neuen Köhlbrandtunnel oder der Hafenpassage A-26-Ost eine Rolle spielen.
Neu ist das alles nicht, aber ist der Plan auch grün genug? Putz bleibt verhalten: „Er hat viele tolle grüne Elemente.“ Generell müsse man sich aber fragen, wie Hamburg es unter Beachtung der klimatischen Bedingungen schaffen will, dass große Schiffe weiter hier anlanden. Unternehmer Bonz kritisiert, dass die Wettbewerber vorher nicht ausreichend analysiert worden seien: „Es ist ein Entwicklungsplan, der kein Plan ist. Sie können ihn eigentlich vergessen.“
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Im Ampel-Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass auch eine Nationale Hafenstrategie entstehen soll. Hierauf setzt Bonz große Hoffnung, generell hält er eine stärkere Vernetzung der Nord-Häfen für positiv. Hill ist skeptisch: „Ich finde es gut, den Bund ins Boot zu holen, aber für Hamburg darf man sich davon keinen Turboeffekt erhoffen – Geld ist endlich.“
Elbvertiefung: „Machen, was wir verabredet hatten”
Das nächste heiße Thema: Die Elbvertiefung. Hill vom „Hamburg Konvent“ sagt, er glaube, dass die Baggerei keine sinnvolle Investition sei. Bonz kritisiert die Technik, mit der Hamburg den Schlick verklappt, andere Häfen seien da effizienter.
Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen hatte die Elbvertiefung Ende vergangenen Jahres für gescheitert erklärt. Putz rudert zurück: Die Elbvertiefung sei nur „nicht zu Ende gedacht“. „Wir werden den Hafen schiffbar machen, die Frage ist, für welche Schiffe und bis wann“, so Putz. Sie und Schreiber sind sich einig, dass es auf jeden Fall keine weitere Elbvertiefung geben soll. Aber: „Die Tiefen, die da waren, wird es wieder geben“, so Schreiber. „Wir machen, was wir verabredet hatten.“