Schlammschlacht bei der SPD: Genossen sollen Maulkorb bekommen
Der parteiinterne Streit, der seit Monaten in der SPD im Bezirk Harburg tobt, treibt immer neue Blüten. Nun soll zwei prominenten Genossen zeitweise verboten werden, sich in der Partei zu engagieren.
Rassismus-Vorwürfe, mutmaßlich gezielter Plakatklau, Hausdurchsuchungen und Ermittlungen des Staatsschutzes der Polizei: Die SPD im Bezirk Harburg steckt mitten in einer Zerreißprobe, die die eine Seite als Rassismus-Skandal brandmarkt: „Hier möchte offenbar jemand verhindern, dass türkischstämmige erfolgversprechende Mitglieder der SPD Harburg auf gute Listenplätze kommen.“ Die andere Seite spricht von einer gezielten Verschwörung gegen sie: „Es war klar, dass das was Persönliches ist.“
SPD Harburg: Plakatstreit eskaliert
Natalia Sahling, Ko-Fraktionsvorsitzende der SPD in der Harburger Bezirksversammlung, beobachtete im Wahlkampf zur Bezirkswahl im Juni, dass immer wieder gezielt ihre Plakate zerstört oder gestohlen wurden – Dutzende waren es, in einer Nacht 60 auf einmal. Sahling erstattete Anzeige. Weil es um politisch motivierte Kriminalität geht, übernahm die Staatsschutz-Abteilung der Polizei die Ermittlungen.
Die führten aber nicht zum politischen Gegner – zumindest nicht zu solchen aus anderen Parteien. Hausdurchsuchungen gab es vielmehr bei Sahlings Genossen. Zweien von ihnen, Mehmet Kizil, Vorsitzender des SPD-Distrikts Hausbruch, und Benizar Gündogdu, Vorsitzende des Distrikts Harburg Ost, soll deswegen jetzt per Parteiordnungsverfahren für drei Monate die politische Arbeit untersagt werden. Über diesen Antrag von drei weiteren der insgesamt acht Harburger SPD-Distrikte berichtet NDR Info.
SPD Harburg: Genossen sollen einen Maulkorb bekommen
Zum einen seien Kizil und Gündogdu Beschuldigte in dem Verfahren wegen Plakatklau. Zum anderen sei dadurch, dass das Verfahren öffentlich bekannt wurde, der Partei schwerer Schaden entstanden, heißt es weiter beim NDR. Deswegen solle beiden für drei Monate die Mitgliedsrechte entzogen werden – und das kurz vor der Aufstellung der Kandidatenliste für die Bürgerschaftswahl.
Kizils Anwalt Mathias Frommann, selbst SPD-Mitglied und ehemaliger Bezirksamtsleiter in Hamburg-Nord, spricht gegenüber dem NDR von einer Kampagne gegen seinen Mandanten: „Ich bin tief enttäuscht – so etwas hätte ich von meiner Partei nicht erwartet.“ Schon die Ermittlungen hatte er als diskriminierend bezeichnet, die Beschuldigten selbst hatten von Denunziation durch ein deutschstämmiges SPD-Mitglied gesprochen und die Vorwürfe kategorisch zurückgewiesen.
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Sahling hatte zuvor in der MOPO angekündigt, „wenn sich die Ermittlungen bestätigen und das alles wahr ist, dann muss das Folgen haben“. Der Landesverband der SPD hat bisher nicht auf die neueste Volte in Harburg reagiert. Gegenüber dem NDR verwies man auf die Unschuldsvermutung und darauf, dass es um Parteiinterna gehe.