Hamburger SPD-Wahlkämpfer tappt in Rasierklingen-Falle
Hinterhältiger Angriff auf einen Lokalpolitiker: Unbekannte haben ein Wahlplakat abgerissen – und mit einer Rasierklinge präpariert. Dass sich Olcay Aydik nicht schwerer verletzt hat, als er das Plakat wieder aufstellt, ist pures Glück.
Als der Hamburger SPD-Politiker Olcay Aydik, 26 – laut Eigenbeschreibung „Jurist und Arbeiterkind“ – am Sonntagmorgen seine Wahlplakate in Hamm wieder aufstellen will, die irgendwer in der Nacht zuvor abgerissen hat, ahnt er noch nicht, dass er in den kommenden Tagen deswegen eine Menge Telefongespräche führen wird: In dem Moment geht es ihm nur darum, Erster zu sein. Die Standorte rund um den Hammer Wochenmarkt sind wichtig, es herrscht ein „kleiner Platzkampf“ um die besten Plakatstellen, wie er im Gespräch mit der MOPO sagt.
Und deswegen will Aydik die Plakate schnell wieder zurück an ihren Platz stellen, bevor ein Konkurrent ihm den Platz wegschnappt. Als er sich eines seiner Plakate greift, „merke ich plötzlich einen stechenden Schmerz im Mittelfinger. Im ersten Moment habe ich gedacht, das wird ein Holzspan gewesen sein.“
Rasierklingen auf Wahlplakat: Nicht ganz neu – und trotzdem noch einmal schlimmer
Doch es ist kein harmloses Malheur, das ihm da passiert: „Auf der Rückseite war mit einem Klebeband eine Rasierklinge befestigt.“ Aydik erklärt, er habe Glück gehabt, dass er sich nur am Mittelfinger geschnitten hat: Hätte er das präparierte Plakat anders gegriffen, „hätte man ohne Probleme auch eine Sehne durchtrennen können“.
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So bleibt es bei einer blutenden Wunde und einem Schock über die weitere Verrohung – obwohl Rasierklingen für den erfahrenen Wahlkämpfer, der schon seit zehn Jahren Plakate aufstellt, um Stimmen kämpft und sich mit SPD-freundlichen wie -feindlichen Menschen auseinandersetzt, kein ganz neues Phänomen sind: Rechte Organisationen kleben schon seit längerem gezielt Sticker auf Plakate, hinter denen Rasierklingen kleben: „Das Kalkül ist, dass man sich beim Abziehen daran schneidet.“
Gewalt gegen Wahlkämpfer: „Das geht gar nicht!“
Auch Aydiks Parteifreundin und Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit ist entsetzt über die aktuelle Entwicklung. Auf Instagram postet sie das Bild eines Wahlplakats, das nicht abgerissen oder beklebt, sondern angezündet wurde und schreibt dazu: „Wer Wahlkämpfer:innen körperlich angreift oder ihr Wahlkampfmaterial zerstört, stellt sich auf eine Stufe mit Menschen, die unser Staatssystem abschaffen wollen. Das geht gar nicht!“
Die Rasierklingen-Falle hat Aydik angezeigt, der Staatsschutz ermittelt. Die SPD in Hamm hat sich schon nach dem Angriff auf den SPD-Mann Matthias Ecke in Dresden strengere Regeln für den Wahlkampf gegeben: „Vorher bin ich auch alleine von Tür zu Tür gelaufen, das war überhaupt kein Problem. Jetzt machen wir das nicht mehr.“ Mindestens zu zweit, besser noch zu dritt bewegen sich die Wahlkämpfer durch ihr Viertel. Und nachts werden überhaupt keine Plakate mehr geklebt.