Angeklagte und Verteidiger im Gerichtssaal
  • Urteilsverkündung im Prozess um Vergewaltigungen im Stadtpark: Angeklagte und Verteidiger im Gerichtssaal
  • Foto: dpa | Marcus Brandt

Nach Gruppenvergewaltigung: Warum urteilen Hamburger Gerichte so milde?

Die Urteile im Prozess um die Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen im Stadtpark bringen das Jugendstrafrecht in die Diskussion. Denn junge Erwachsene unter 21 werden von Hamburger Strafgerichten viel häufiger wie Jugendliche behandelt als im Rest der Bundesrepublik. Warum das so ist, wollte die CDU-Fraktion vom Senat wissen.

Im Jahr 2022 sprachen die Hamburger Gerichte 501 Heranwachsende unter 21 schuldig. In 87 Prozent der Fälle wendeten die Richter dabei das Jugendstrafrecht an, wie der Senat auf eine Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion antwortete.

Im bundesweiten Durchschnitt liegt dieser Wert jedoch deutlich niedriger: Nach letzten verfügbaren Zahlen des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2021 wurden 61 Prozent der Angeklagten im Alter zwischen 18 und 21 Jahren nach dem härteren Erwachsenenstrafrecht verurteilt.

Hamburger Gerichte wenden häufiger Jugendstrafrecht an

Laut Jugendgerichtsgesetz muss bei Heranwachsenden das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen, wenn der Angeklagte bei der Tat in seiner sittlichen und geistigen Entwicklung einem Jugendlichen gleichstand oder es sich um eine Jugendverfehlung handelt. Beim Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund.

Das vorrangige Ziel ist nicht die Bestrafung oder der Schuldausgleich für begangenes Unrecht, sondern die Verhinderung einer erneuten Straffälligkeit der betroffenen Jugendlichen, erklärt das Bundesjustizministerium zu dem Thema.

Gruppen-Vergewaltigung im Stadtpark: alle Täter nach Jugendstrafrecht verurteilt

Anlass der CDU-Anfrage waren die Urteile im Prozess um die Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen im Hamburger Stadtpark. Eine Jugendkammer am Landgericht hatte am 28. November neun Angeklagte zu Haftstrafen verurteilt, und zwar alle nach dem Jugendstrafrecht. Ein zehnter Angeklagter wurde freigesprochen.

Die Jugendstrafen von ein bis zwei Jahren für acht Angeklagte setzte die Kammer zur Bewährung oder der sogenannten Vorbewährung aus – das heißt, erst in sechs Monaten wird über die Bewährung entschieden. Nur ein 19-Jähriger, der als einziger zur Tatzeit noch minderjährig war, bekam eine härtere Strafe, und zwar zwei Jahre und neun Monate Haft ohne Bewährung.

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CDU-Fraktionschef Dennis Thering erklärte, es sei mehr als fragwürdig, dass in Hamburg in fast 90 Prozent aller Fälle bei Heranwachsenden das Jugendstrafrecht angewandt werde. „Denn es kann nicht sein, dass Hamburgs heranwachsende Straftäter im Vergleich zu den Tätern im restlichen Bundesgebiet überwiegend in ihrer geistigen Entwicklung zurückgeblieben sind.“ Entweder müssten in der Schule und Jugendhilfe deutliche Konsequenzen gezogen werden oder das Jugendgerichtsgesetz müsse auf Bundesebene geändert werden. Thering forderte eine wissenschaftliche Untersuchung zu dem Thema. (dpa/mp)

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