Experten-Check: So schlagen sich Hamburgs Politiker auf Instagram
„Soziale Medien werden in Zukunft viel Einfluss darauf nehmen, wie Wahlkämpfe aussehen“, sagt der Hamburger Politikberater Bendix Hügelmann. Für die MOPO hat er die Profile der Hamburger Spitzenkandidierenden bewertet. Von „Durchschnittsware“ bis „professionell“ – hier zeigt sich, wer den Dreh raus hat und wer noch etwas üben sollte.
Wahlkämpfe werden längst nicht mehr nur mit Plakaten und dem Klingeln an Haustüren entschieden. Wer sich heute behaupten will, sollte es auch verstehen, die sozialen Medien für sich zu nutzen. „Auf Instagram sieht man Momente und Perspektiven, die nirgendwo anders stattfinden. Nicht im Fernsehen und nicht im Radio. Daher ist dieser Kanal besonders gut zur Personalisierung geeignet“, sagt Politikberater Hügelmann im MOPO-Interview. Allerdings liege die Selbstinszenierung nicht jedem und gerade zu Beginn sei der Weg steinig.
Wahlkampf auf Instagram: So schlagen sich die Hamburger Spitzenkandidierenden
Gemeinsam mit der MOPO hat sich der Experte die Profile der Hamburger Spitzenkandidierenden von SPD, CDU, Grünen, FDP und Linken angesehen. Der Spitzenkandidat der AfD hatte zum Zeitpunkt des Gesprächs kein öffentliches Instagram-Profil.
Durchschnittsware: Profil von Aydan Özoğuz (SPD)
Hügelmanns Einschätzung: „Der Account ist augenscheinlich in Handarbeit gestaltet, das heißt, Frau Özoguz pflegt den Kanal wahrscheinlich selbst. Teilweise gibt es bis zu vier Beiträge pro Tag, das ist positiv anzumerken. Die angebotenen Inhalte hingegen lassen etwas Abwechslung vermissen. Ohne Frau Özoguz zu nahe treten zu wollen, würde ich hier von Durchschnittsware sprechen.“
Hügelmanns Einschätzung: „Das hier ist ein Schnappschuss, der nebenbei entstanden ist. Aber was sagt er aus? Wer sind diese Leute dort neben Frau Özoguz? Da hat der Nutzer oder die Nutzerin womöglich keine Zeit und Lust sich das anzugucken. Das Angebot ist erdrückend und es gibt zu viele Bilder dieser Art auf dem Account.“
Selbstinszenierung: Profil von Christoph Ploß (CDU)
Hügelmanns Einschätzung: „Auf diesem Profil sehen Sie fast nur Bilder, die professionell aufbereitet und inszeniert sind. Herr Ploß versteht es, Kommunikationsanlässe um seine Person zu schaffen, indem er sich immer wieder zu kontroversen Themen äußert wie zur Gendersprache. Ob er damit Erfolg haben wird, ist mittelfristig eher eine politische als eine kommunikative Frage.“
Hügelmanns Einschätzung: „Die Kanalführung und Inszenierung verrät sehr viel über das Selbstbild des Kanalbetreibers. Wenn man das Profil von Herrn Ploß neben das von Frau Özoguz legt, könnte man meinen, hier präsentiere sich schon der nächste Ministeraspirant. Wohingegen Frau Özoguz ungeachtet ihres etwas beliebigen Accounts über signifikant mehr Erfahrung und politisches Gewicht verfügt. “
Professionell privat: Profil von Katharina Beck (Grüne)
Hügelmanns Einschätzung: „Die Inhalte auf dem Profil sind recht bunt gemischt. Wir sehen hier die Kommunikation am Übergang zwischen einer privaten und einer öffentlichen Person. Es werden zwar noch Dinge aus dem Privatleben mitgeteilt, diese Einblicke sind jedoch bewusst gewählt. Ich nenne das „professionell privat“: PolitikerInnen entscheiden sich, ihre politische Arbeit mit Schnappschüssen aus dem Privatleben emotional aufzuladen und anschlussfähig zu machen.“
Hügelmanns Einschätzung: „Hier sehen wir ein gutes Beispiel dafür, wie der Kanal multimedial genutzt werden kann. Live-Streams und Gesprächsformate geben einen zugleich ungefilterten und niedrigschwelligen Einblick in die politische Arbeit.“
Volle Motivation: Profil von Michael Kruse (FDP)
Hügelmanns Einschätzung: „Herr Kruse wählt eine eigenständige Optik, indem er letzten Endes unterschiedliche Motive aus seinem privaten und politischen Alltag zeigt. Hier geht es viel um die persönliche Motivation. Das ist ein Aspekt, der in der Arbeit mit den sozialen Medien eine große Rolle spielt.“
Wenig persönlich: Profil von Zaklin Nastic (Linke)
Hügelmanns Einschätzung: „Das Profil wirkt sehr ernst. Ich sehe wenig Persönliches und wenig Möglichkeiten, mich niedrigschwellig mit der Politik der Linken zu beschäftigen. Es wird kaum interagiert, was auch darauf hindeutet, dass hier an der Erwartungshaltung der Community vorbei kommuniziert wird.“
Hügelmanns Einschätzung: „Auf dem Profil fallen viele Zitat-Kacheln und Sharepics auf. Diese werden gemischt mit Selfies – die Linke verfolgt bei Social Media eine sehr eigene Optik, man erkennt ihre Profile sofort. Auf mich wirkt es immer leicht holzschnittartig mit den großen Textkästen, aber das ist Geschmackssache. Grundsätzlich hat das Profil wenig persönliche oder weniger politische Momente im Angebot.“