Wahlkampf in der MOPO: Schlagabtausch der „Underdogs“
Inhaltlich liegen sie weit auseinander, und doch sind sie vereint in ihrem Kampf gegen die politische Bedeutungslosigkeit ihrer Parteien: Hamburgs FDP-Chefin Sonja Jacobsen und Linken-Spitzenkandidatin Heike Sudmann. Zum Auftakt des MOPO-Talk Wahl-Spezials hat die Redaktion die beiden Frauen und MOPO-Leser zur Podiumsdiskussion eingeladen – beim Thema Vermögenssteuer ging es ordentlich zur Sache.
Moderator Marco Carini fühlt den Politikerinnen an diesem Abend auf den Zahn, es geht um Radwege, Reiche und Armut, Tempo 30 und die magische Hürde auf dem Weg ins Rathaus.
In aktuellen Umfragen liegt die Linke in Hamburg zwischen sechs und sieben Prozent. Heike Sudmann gibt sich trotzdem selbstbewusst: „Wir werden über die Fünf-Prozent-Hürde kommen, da bin ich absolut optimistisch.“ Noch schwieriger ist die Ausgangslage für Sonja Jacobsen und ihre Liberalen: In keiner Umfrage aus den vergangenen Wochen kommen die Liberalen über vier Prozent. „Es macht natürlich mehr Spaß, wenn man mit etwas Rückenwind startet, aber wir sind trotzdem zuversichtlich“, betont Jacobsen.
Die WochenMOPO – ab Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
- Immer mehr Obdachlose in Hamburg! Einer, der es rausschaffte, packt aus
- Hass aufs „Wunderland“: Mitgründer Frederik Braun im MOPO-Interview der Woche
- Fünfzig Jahre Elbtunnel: Was Mike Krüger damit zu tun hat
- Kampf um Wählerstimmen: FDP und Linke beim Auftakt des MOPO-Talk Wahl-Spezials
- 20 Seiten Sport: HSV-Stürmer Selke über Ex-Trainer Baumgart und seine Zukunft & Was St. Pauli mit Schach-Star Magnus Carlsen plant
- 20 Seiten Plan7: So gibt’s Luxus-Essen günstig & Ausgeh-Tipps für jeden Tag
Eine zentrale Frage, die an diesem Abend geklärt werden soll: Wofür braucht Hamburg FDP und Linke überhaupt noch, wo doch alles darauf hindeutet, dass SPD und Grüne zusammen weitermachen und die Hamburger eigentlich recht zufrieden sind mit ihrer Regierung? Hier bedienen sich beide Frauen großzügig aus dem Politiker-Worthülsen-Potpourri: „Wir müssen in Hamburg die Wirtschaft wieder nach vorne bringen“, sagt Jacobsen. „Wir wollen keine weiteren Privatisierungen“, sagt Sudmann. Und nur die Linke stehe ernsthaft für den Kampf gegen Armut.
Beim Thema Radverkehr sind sich Sudmann und Jacobsen sogar mal einig: Zwar merke man am Radwege-Ausbau, dass Hamburg einen grünen Verkehrssenator habe, sagt Sudmann. Allerdings versteife sich Anjes Tjarks zu sehr auf Leuchtturmprojekte, während in der Fläche zu wenig passiere. Zustimmung von Jacobsen: Man müsse pragmatischer werden. „Lieber mal die Asphaltdecke von einem alten Radweg erneuern, als Jahrzehnte auf die Generalsanierung der Straße zu warten.“
Richtig hitzig wird’s, als Moderator Carini nach der Schere zwischen Arm und Reich in Hamburg fragt. Warum sich die FDP eigentlich so gegen eine Vermögenssteuer wehre, will Carini von Jacobsen wissen.
Von noch mehr Steuern will die FDP-Frau nichts hören
Noch mehr Steuern? Davon will die FDP-Frau nichts hören. Gebe schließlich schon viel zu viele. „Wir haben ein System, das im Versuch, Gerechtigkeit zu schaffen, so kompliziert geworden ist, dass es nicht mehr funktioniert“, sagt sie. Der Staat habe außerdem kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Und müsse mit dem Geld eben besser haushalten.
Sudmann, der selbst politische Gegner eine enorme Themen-Sattelfestigkeit nachsagen, hält mit einer Rechnung dagegen: Würde man alle Vermögen ab 4 Millionen Euro mit zwei Prozent besteuern, hätte man jährlich viele Milliarden mehr im Haushalt. „Ich kann nicht verstehen, dass jemand sagt, es wäre ungerecht, diese zwei Prozent zu nehmen“, so die Linke. Jacobsen versucht es weiter: „Wir müssen nicht noch mehr Geld einsammeln, um noch mehr Geld zu verteilen.“
Ein Mann aus dem Publikum will das nicht so stehen lassen: „Ich kann nicht verstehen, warum ich als Mensch mit einem normalen Einkommen einen höheren Steuersatz habe als Frau Klatten“, mischt er sich ein. Seine Frage bezieht sich auf eine Berechnung, die im vergangenen Frühling für Aufsehen sorgte: Demnach liegt die effektive Steuerlast von BMW-Erbin und Multimilliardärin Susanne Klatten mit 26 Prozent deutlich unter der einer deutschen Durchschnittsfamilie (42 Prozent).
„Wir brauchen aber keine zusätzliche Steuer, wir haben schon viel zu viele Steuern in Deutschland“
Der Grund für den Unterschied: Während Normalsterbliche ihr Einkommen hauptsächlich aus ihrer Arbeit ziehen, stammt das von Milliardärin Klatten hauptsächlich aus deren Vermögen. Ob das nicht ungerecht sei, will der MOPO-Leser von Sonja Jacobsen wissen und bringt die FDP-Politikerin mit seiner Frage in die Bredouille.
Der nächste MOPO-Talk zur Bürgerschaftswahl findet am 11. Februar um 19 Uhr in der MOPO-Redaktion statt. Zu Gast: CDU-Spitzenkandidat Dennis Thering. Unter diesem Link können Sie sich online anmelden: https://lmy.de/yILfo
Sie kenne den Fall nicht, versucht sich Jacobsen zu retten. Über eine grundsätzliche Steuerreform könne man mit der FDP gern reden. „Wir brauchen aber keine zusätzliche Steuer, wir haben schon viel zu viele Steuern in Deutschland.“
In einem Punkt ist man sich besonders einig
Nach dem Schlagabtausch gibt es versöhnliche Töne. In einem Punkt ist man sich nämlich besonders einig: Die kommenden Wochen werden zwar vom Wahlkampf geprägt sein. Aber dabei soll die Fairness nicht auf der Strecke bleiben.