Festnahme am Airport: Hier kommt Ex-IS-Kämpferin Elina Frizler in Hamburg an
Fuhlsbüttel –
Nach monatelanger Recherche und Berichterstattung von MOPO und „Stern“ ist es am Mittwochabend passiert: Die ehemalige IS-Anhängerin Elina Frizler (30) ist wieder zurück in Hamburg, zurück in der Heimat. Doch die Rückkehr birgt Schatten: Ihr wurden die Kinder weggenommen – und sie selber festgenommen.
Um 21.27 Uhr landet die Turkish Airlines-Maschine TK1667 aus Istanbul auf dem Rollfeld des Hamburg Airport und schiebt sich in Richtung Gate 6, Terminal 2. Während die Passagiere aussteigen, bleiben Elina Frizler und ihre zwei Kinder Bilal (4) und Hamza (2) sitzen. Zusammen mit einem Beamten des Staatsschutzes, der die Familie auf ihrer Rückkehr begleitet.
Rückkehr nach Hamburg: Ex-IS-Kämpferin wieder da
Nur wenige Meter von Elina Frizler entfernt hockt Mutter Ludmilla auf der Aussichtsplattform des Flughafens und schaut durch die zentimeterdicke Glasfront. In der Hoffnung, auch nur eine Winzigkeit von ihrer Tochter zu erhaschen. Ein kurzer Blick, ein kurzer Augenkontakt. Er soll ihr verwehrt bleiben.
Die 30-Jährige war vor mehreren Jahren ihrem damaligen Freund Serkan E., den sie Anfang der 2000er kennengelernt hatte, nach Syrien gefolgt, um sich „den Heiligen Krieg anzuschließen“. Vorher war sie bereits zum Islam konvertiert, hatte in Bergedorf Korane verteilt. Ihr Partner, der schon in Hamburg anfing kriminell zu werden, verlor sein Leben später in Syrien an der Front.
Frizler soll nach Auffassungen des FBI auch nach seinem Tod dem IS treu geblieben sein, sogar versucht haben, Menschen übers Internet zu rekrutieren. Unter anderem in einem Video, in dem sie verschleiert und mit einem russischen Sturmgewehr aufgetreten sein soll. Frizler selbst hat sich mittlerweile mehrfach vom IS distanziert.
Anfang 2018 ergab sich die junge Frau der kurdischen Miliz, kam mit ihren beiden Kindern in das berüchtigte Gefangenenlager im nord-syrischen Ain-Issa. Aus dem Lager konnte sie in den Wirren der türkischen Invasion fliehen, schlug sich zur türkischen Grenze durch. Dort dann der nächste Lager-Aufenthalt, diesmal unter türkischer Aufsicht. Die Abschiebung nach Deutschland erfolgte erst jetzt, weil die Behörden das Ergebnis eines DNA-Test abwarteten, der die Verwandschaft von Frizler und ihren Kindern zweifelsfrei bewies.
Vier Bundespolizisten begleiten Elina und die Kinder zu einem Mannschaftswagen, bringen sie zur Flughafen-Inspektion. Punkt 22 Uhr kommen sie dort an. Der silberne Bus mit schwarz getönten Scheiben fährt schnurstracks in die Tiefgarage. An der Einfahrt der verzweifelte Versuch einer verzweifelten Mutter: „Bitte, lassen Sie mich nur ganz kurz meine Tochter sehen. Ich flehe sie an.“ Die Beamten bleiben hart, sagen nichts. Ludmilla Frizler bricht zusammen, ihr Sohn hilft ihr auf. Durch die Scheiben ist ihre Tochter nicht zu erkennen.
Von der Tiefgarage geht es nach oben, zusammen mit zwei Beamten steht sie mit ihren Kindern an der Tür, bevor es ins Gebäude geht. Ihre Anwältin Ina Franck wartet bereits drinnen. Eine letzte Zigarette. Dann gehen sie hinein. Elina trägt einen beige-rosa Mantel und ein Kopftuch. Ihre Kinder sind in dicken Winterjacken gehüllt.
Haftbefehl gegen Ex-IS-Kämpferin – Festnahme am Airport Hamburg
Bei der Vernehmung wird ihr eröffnet, dass ein Haftbefehl gegen sie vorliegt, ausgestellt von der Generalbundesanwaltschaft. Laut Anwältin Franck gebe es keine aufgelisteten Haftgründe, sie sei auch in keinem konkreten Fall tatverdächtig. Es gehe nur um einen Sachverhalt, der nicht näher erläutert wurde. Vermutlich beruht der Haftbefehl auf den Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und dem Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.
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Franck hat die Hoffnung, dass bei der Haftprüfung am Donnerstag gute Nachrichten auf Elina zukommen. Möglich, dass die Frau, die der Liebe wegen nach Syrien ausgewandert war, sich einige Zeit dem IS anschloss und dann nach eigenen Aussagen wieder lossagte, schon nach einer Nacht in U-Haft frei kommt – und dann ihre Kinder wieder sieht, die vorübergehend in die Obhut des Kinder- und Jugendnotdienstes (KJND) übergeben wurden.
Anwältin: „Sie ist stark. Sie hat alles gut verkraftet“
„Es geht ihr gut, ich soll Ihnen einen Kuss geben“, sagt Franck zu Ludmilla Frizler. Mehr als zwei Stunden hat sie Dokumente und Akten gewälzt, ist mit Elina die nächsten Schritte durchgegangen. „Sie ist stark. Sie hat 40 Stunden nicht geschlafen, ist aber nett und geduldig geblieben. Sie hat alles sehr gut verkraftet und aufgenommen.“
Die letzten Worte an die Mutter, die überglücklich über die Rückkehr, aber traurig ist, ihre Tochter nicht gesehen zu haben, sind: „Das schafft sie. Und wenn sie das schafft, dann schaffen wir das auch.“ Beide fallen sich in die Arme. Um 0.23 Uhr fahren sie gemeinsam nach Hause – ohne Elina.