Aktivist Polizei Brücke
  • Polizisten fräsen den Klimaaktivisten und einstigen TV-Schauspieler Raúl Semmler frei, der sich auf einer Brücke festgeklebt hat.
  • Foto: Steven Hutchings/TNN/dpa

Extreme Beton-Aktion in Hamburg: Polizei fräst TV-Schauspieler aus Asphalt

Erneut haben Aktivisten der Klimabewegung „Letzte Generation“ aus Protest eine der wichtigsten Verkehrsadern Hamburgs lahmgelegt: Sechs Mitglieder klebten sich Donnerstagmorgen auf die Köhlbrandbrücke – und blockierten so den Hafenverkehr zwischen Waltershof und Wilhelmsburg. Einer von ihnen: Ein aus dem Kino und Fernsehen bekannter Schauspieler.

Unter einem dröhnendem Hupkonzert saßen die Aktivisten auf der Fahrbahn, vier klebten sich mit herkömmlichen Sekundenkleber an ihr fest, zwei benutzten laut Polizei „schnellbindenden Beton“, den sie vor Ort vermischten – in Hamburg gab es so etwas bisher noch nicht.

All das geschah sehr zum Missfallen vieler Autofahrer: Einer riss einen Aktivisten vom Asphalt, noch bevor der Kleber trocknete. Doch es nützte nichts. Beide Fahrbahnen, in Richtung Waltershof und Wilhelmsburg, waren teils komplett blockiert.

Polizei: Umfahren Sie den Bereich

Laut Polizei sei vor allem der Verkehr von der A7 kommend in östlicher Richtung betroffen, in beide Richtungen sei aber mit Behinderungen zu rechnen gewesen. Autofahrer wurden gebeten, den Bereich zu umfahren. Die Beamten richteten eine Umleitung ein, damit immerhin auf der Gegenrichtung vorbeigeführt werden konnte.

Sechs Klimaaktivisten klebten sich auf die Straße. André Lenthe
Sechs Klimaaktivisten klebten sich auf die Straße.
Sechs Klimaaktivisten klebten sich auf die Straße.

Die zwei mit dem Betongemisch am Boden haftenden Aktivisten mussten von Beamten mit schwerem Gerät von der Straße gefräst werden. Für die Hamburger Polizei der erste Einsatz dieser Art. Grund für die Entscheidung war, dass sie die Menschen sonst nicht unverletzt vom Asphalt hätten gelöst bekommen, so ein Sprecher. Auch die Auflösung der Sperrung mit Blick auf den Verkehr habe eine Rolle gespielt.

Schauspieler Raúl Semmler: Vom Serien-Star zum Serien-Kleber

Der Einsatz zog sich mehrere Stunden hin. Die zwei herausgefrästen Aktivisten – einer ist der Schauspieler Raúl Semmler, der unter anderem für Sönke Wortmanns „Die Päpstin“ sowie die Krimi-Serien „SOKO Leipzig“ und „Polizeiruf“ vor der Kamera stand – wurden mit Asphaltplatten an ihren Händen entlassen – die Feuerwehr kümmerte sich um sie.

Nicht das erste Mal für Semmler: Das einstige TV-Gesicht hat sich bereits etliche Male deutschlandweit für den Klimaprotest auf Straßen geklebt. Im vergangenen Oktober stand er in Neubrandenburg vor Gericht: In dem Zivilprozess ging es darum, ob ein Mitglied der Gruppe „Letzte Generation“ Bilder von illegalen Besetzungen und Blockaden verbreiten darf oder nicht. Hintergrund war eine Aktion der Gruppe, bei der mehrere Mitglieder sich an die Erdöl-Pipeline nach Schwedt ketteten.

Klimaaktivist Raúl Semmler im vergangenen Oktober vor dem Landgericht in Neubrandenburg. dpa
Klimaaktivist Raúl Semmler im vergangenen Oktober vor dem Landgericht in Neubrandenburg.

Nach der Aktion auf der Köhlbrandbrücke kam eine Frau in die Klinik nach St. Georg. Die Löcher im Asphalt wurden direkt wieder zugemacht, eine Reparatur oder Sperrungen seien laut Polizei nicht nötig. Gegen 12 Uhr war die Fahrbahn wieder frei, der Stau löste sich langsam.

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Die Aktivisten hatten Anfang März Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher per Brief ein Ultimatum gesetzt, den SPD–Politiker zum Handeln aufgefordert. Sollte er nicht auf ihre Forderungen eingehen, drohte die Gruppe mit einer „maximalen Störung der öffentlichen Ordnung“. Mittlerweile gab es ein Gespräch zwischen den Aktivisten und den Fraktionschefs von SPD und Grünen im Rathaus – offenbar ohne Einigung darüber, auf Protestaktion künftig zu verzichten.

So reagiert der rot-grüne Senat auf die Aktion

Noch wolle man ein Folgegespräch nicht infrage stellen, heißt es vonseiten der SPD und Grünen auf eine Anfrage der MOPO, aber es komme auf die Entwicklung der kommenden Tage an. „Potenziell gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr helfen dem Klimaschutz nicht. Wer sich selbst und andere – wie erneut auf der Köhlbrandbrücke geschehen – in Gefahr bringt, schadet der Akzeptanz des Klimaschutzes in unserer Gesellschaft.“

Statt über konkrete Klimaschutzmaßnahmen werde infolge solcher Aktionen vor allem über die Protestformen debattiert. Die von der „Letzten Generation“ schon häufig eingesetzte Blockade von Hauptverkehrsstraßen erschwere den weiteren Dialog, heißt es. „Die Zielsetzung, einen möglichst großen materiellen Schaden für die Hansestadt Hamburg zu verursachen, verurteilen wir. Die Hamburger Politik lässt sich nicht erpressen, die ‚Letzte Generation‘ sollte nicht den Weg der weiteren Eskalation gehen.“ (dg/rüga/acb/idv)

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