„Indiana Jones“ leitet jetzt das Hamburger Polizeimuseum
Leon Ziemer – 38 Jahre alt, Sakko, Pullunder, Schlips und Brille – könnte optisch noch immer gut als Uni-Prof durchgehen, hat der universitären Karriere aber bereits vor Jahren den Rücken gekehrt. Er ging Anfang 2018 zur Polizei, half dem LKA bei der Digitalisierung von Verfahren, lehrte sogar an der Akademie. Jetzt der nächste Wechsel: Ziemer ist neuer Leiter des größten Polizeimuseums Deutschlands.
Somit bestimmt nun erstmals kein Polizeibeamter die Ausrichtung des Museums in Winterhude, sondern ein Doktor der Archäologie: Ziemer studierte in Hamburg, war für Ausgrabungen bereits in Italien, Äygpten und Spanien. Er promovierte über das Fernhandelswesen nach Indien während der römischen Kaiserzeit, veröffentlichte später zwei Bücher.
„Indiana Jones“ leitet das Hamburger Polizeimuseum
„Jetzt tausche ich Schaufel und Spitzhacke gegen Pickelhaube und Degen“, sagt er in Anbetracht der symbolischen Geschenke, die er bei seiner Übernahme des Postens erhielt. Diese bekam er von seinem Vorgänger, dem nun in Pension gehenden Joachim Schulz (63), seines Zeichens Kriminalhauptkommissar. Schulz führte das Museum sieben Jahre und begrüßt die Entscheidung, „die Leitung in die Hände eines Experten mit wissenschaftlichem Hintergrund zu legen“.
Ziemer hat, so sagt er über sich selbst, eine „hohe Affinität zu Datenbanken“, ein „Faible für Recherche“ und ist eine „detektivische Spürnase“. Grabungen seien genauso spannend wie Polizeiarbeit, es gebe sogar durchaus Parallelen. „Ich hinterfrage, gucke, werte aus, analysiere.“ Eines seiner Ziele: „Ich möchte gerne, dass das Museum mit seinen Inhalten noch stärker in die Polizeiausbildung einbezogen wird.“ Alle Seiten würden von einem solchen Austausch profitieren.
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Leon Ziemer will im Polizeimuseum digitale Aktente setzen
Durch seine Zeit bei der Polizei habe er einiges lernen können und auch müssen. „Viele Paragrafen und Begriffe“, sagt er. „Der Einsatz beim LKA hat mir unheimlich viel geholfen, Wege zu verstehen.“ Alles Gelernte wolle er nun in seiner neuen Tätigkeit mit einbringen. „Das Wunderbare ist, dass ich eine super stabile Basis übernommen habe. Ich muss keine Brände löschen und kann nach vorne blicken.“
Bis Ende Februar soll ein digitaler Rundgang online gehen, der es Besuchern ermöglicht, auch ganz bequem von zu Hause das Museum zu besichtigen. Langfristig sind Virtual-Reality-Brillen geplant, mit denen man beispielsweise die Tatortarbeit virtuell erlebbar machen will. Für das laufende Jahr ist auch eine Sonderausstellung geplant: Es wird ein umfangreicher Fundus an historischen Hamburger Polizeiuniformen präsentiert, der bisher verborgen war.
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„Wir wollen starke digitale Akzente setzen“, erklärt Ziemer die kommende Ausrichtung des Museums, das jährlich mehr als 20.000 Besucher empfängt und immer dienstags, mittwochs, donnerstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet hat. „Das dürfen wir jetzt nicht verpennen.“