Ein Rettungswagen auf dem Weg zur Notaufnahme eines Hamburger Krankenhauses (Archivbild).
  • Ein Rettungswagen auf dem Weg zur Notaufnahme eines Hamburger Krankenhauses (Archivbild).
  • Foto: Florian Quandt

Notärzte erheben schwere Vorwürfe: Was ist da los bei Hamburgs Rettungsdienst?

Schwere Vorwürfe gegen die Feuerwehr: Notärzte, die angeblich bestimmte Krankenhäuser favorisieren und einen persönlichen Nutzen davon haben, wenn sie statt einer nahe gelegenen Klinik ein bestimmtes, weiter entferntes Krankenhaus anfahren. Rettungswagen, die angeblich gesperrte Kliniken umfahren, um Patienten in andere Häuser einzuliefern. Was steckt dahinter?

Der Rettungsdienst in Hamburg steht seit Corona in besonderem Fokus. Der Transport gemeldeter Notfälle nach Verkehrsunfällen, Erkrankungen und anderen Ereignissen wie etwa Schießereien und Messerstechereien war damals zeitweise nur schwer zu bewältigen. An manchen Tagen gab es in einzelnen Stadtteilen zeitweise keinen einzigen freien Rettungswagen. Sogar Löschfahrzeuge rückten zu Notfällen an, um eine Erstversorgung zu leisten.

Laut einem Feuerwehrsprecher normalisiert sich die Lage gerade wieder. Probleme bereiten den Rettern aber immer noch gemeldete Notfälle, für die ein Rettungswagen eigentlich gar nicht erforderlich wäre. Umso schwerer wiegen jetzt die Vorwürfe gegen Sanitäter und Notärzte, über die das „Hamburger Abendblatt“ berichtet.

Krankenhaus-Sperrungen und die Folgen im Rettungsdienst

Demnach seien von der Einsatzzentrale Sperrungen relevanter Kliniken gemeldet worden, obwohl diese Kapazitäten für Notfälle gehabt haben sollen. Die Folge: Rettungswagen fuhren nicht die nächst gelegene Klinik an, sondern weiter entfernte. Das bedeutete einen höheren Zeitaufwand – und ein höheres Risiko für den Patienten.

Wie die MOPO aus Feuerwehrkreisen erfuhr, soll es derzeit häufiger vorkommen, dass Notaufnahmen nicht angefahren werden könnten. Die Feuerwehr werde von Klinikmitarbeitern informiert, wenn die Notaufnahme wegen Überfüllung für einen gewissen Zeitraum keine neuen Patienten aufnehmen könne. Diese Information werde dann samt Ausweichkrankenhaus an die Besatzung des Rettungswagens weitergereicht, der das Krankenhaus anfahren wollte.

Häufig komme es aber auch vor, dass im Interesse des Patienten – und nur wenn keine Lebensgefahr bestehe – nicht die nächst gelegene Klinik, sondern ein nur wenig weiter gelegenes Krankenhaus angefahren würde, weil die Ausstattung dort dem Patienten und seiner Verletzung gerechter werde. „Wenn möglich, fahre ich eine Person mit einer Handverletzung in eine Klinik, die auf solche Verletzungen spezialisiert ist, und nicht zu weit von der eigentlich angedachten Klinik entfernt liegt“, so ein Retter zur MOPO.

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Gängige Praxis sei es laut dem Retter aber auch, dass Krankenhäuser die Sperrung intern wieder aufheben, es der Einsatzzentrale aber verspätet meldeten. „Die bemerken ihr Versäumnis häufig erst dann, wenn 30 Minuten kein Rettungswagen an der Notaufnahme vorfährt, und beklagen sich dann.“

Schwerer Vorwurf gegen Notärzte

Ein weiterer Vorwurf: Notärzte würden bestimmte Kliniken favorisieren, weil sie einen persönlichen Nutzen davon hätten, und nähmen daher weitere Anfahrtswege in Kauf. Etwa, um mutmaßlich „lukrative“ Notfallpatienten in die Kliniken zu transportieren, in denen sie selbst angestellt sind.

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Jürgen Scheuer, Landesvorsitzender der Feuerwehrgewerkschaft (DFeuG) zur MOPO: „Die DFeuG distanziert sich vom Generalverdacht gegenüber den Kolleginnen und Kollegen der Berufsfeuerwehr, dass sie nach gewinnbringenden Parametern Patienten ins Krankenhaus befördern. Die Patienten werden der schnellstmöglichen und bestmöglichen Versorgung zugeführt.“

Innenbehörde widerspricht energisch

Die Innenbehörde widerspricht den im Raum stehenden Vorwürfen energisch: „Dass der Rettungsdienst der Feuerwehr Hamburg aufgrund ,wirtschaftlicher Interessen’ nur in bestimmte Krankenhäuser einliefert, weist die Behörde für Inneres und Sport in aller Deutlichkeit zurück. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Feuerwehr und der Leistungserbringer im Rettungsdienst handeln ausschließlich im Sinne und zum Wohle des Patienten.“

Und weiter: „Der Fachbeirat Rettungsdienst der Behörde für Inneres und Sport nimmt in keiner Weise Einfluss auf die Entscheidung der behandelnden Notärztinnen und Notärzte bzw. Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter. Die genannten Fälle werden nochmals ausführlich überprüft.“

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