Positivrate steigt – Tests werden knapp: Warum es in der Pandemie jetzt kritisch wird
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Die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt. Am Freitag wurden in Hamburg 485 positive Fälle gemeldet – am Vortag waren es sogar 647. Deutschlandweit wurden zuletzt mehr als 20.000 neue Infektionen registriert. Doch für sich stehend sind diese Zahlen nicht aussagekräftig, denn sie sollten in Relation zu der Anzahl der durchgeführten Tests gesetzt werden: Das ergibt die Positivrate. Und diese Rate steigt derzeit rapide an. Was bedeutet das für das Infektionsgeschehen? Die MOPO gibt eine Übersicht.
Was ist die Positivrate und was sagt sie aus?
Die Positivrate gibt an, wie viel Prozent der insgesamt Getesteten ein positives Ergebnis erhalten haben. Dadurch ist sie ein wichtiger Gradmesser für das Infektionsgeschehen im Land: Steigt diese Zahl, ist das ein Indikator dafür, dass die Pandemie wieder Fahrt aufnimmt.
Wie hat sich die Positivrate in Deutschland entwickelt?
Die Positivrate bei den Corona-Tests hat sich in den vergangenen zwei Monaten verzehnfacht. In der Woche bis zum 30. August lag die Positivrate noch bei 0,74. In der Woche bis zum 1. November stieg die Rate laut RKI auf circa 7,3 Prozent. Der Vergleich zum Frühjahr: In der Woche ab dem 9. März hatte es dem RKI zufolge 7,58 positive Fälle gegeben. Die Rate stieg dann bis zur Woche ab dem 30. März auf einen Spitzenwert von 9,03 Prozent.
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Danach nahmen die Zahlen stetig ab, die niedrigste Positivrate gab es in der Woche ab dem 6. Juli mit rund 0,59 Prozent bei 510.500 Tests. Seitdem ist die Zahl der Positivrate kontinuierlich gestiegen. Für Hamburg meldete der Senat eine derzeitige Positivrate von etwa fünf Prozent, hier liegt man also unter dem Bundesschnitt – noch.
Wie lassen sich die Folgen der gestiegenen Positivrate in Hamburg erkennen?
Mit der Positivrate steigt auch wieder die Anzahl der Corona-Patienten in den Hamburger Krankenhäusern. Aus diesem Grund verschiebt das UKE nicht dringliche Operationen und einen Teil der ambulanten Termine. „Das UKE reagiert damit auf die dynamische und ernstzunehmende Lage“, erklärt eine Sprecherin des Klinikums. Klinikdirektor Professor Stefan Kluge sagte: „Die Betten sind relativ voll, und dadurch können wir nicht alle Patienten, die wir sonst aufnehmen würden, aufnehmen. Die ersten Operationen wurden leider abgesagt.“
Paradox: Immer mehr Hamburger Gesundheitsämter melden laut NDR Personen, die sich trotz Corona-Verdacht nicht an die verordnete Quarantäne halten.
Parallel zur Positivrate: Wie hat sich die Anzahl der Tests entwickelt?
Im Gegensatz zum Frühjahr wird in Deutschland mehr getestet, so dass auch mehr Infektionen nachgewiesen werden. In der Woche ab dem 9. März waren es laut RKI noch knapp 125.000 Tests – fünf Wochen später um die 408.000.
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In den vergangenen zwei Monaten kletterte die Zahl der wöchentlich durchgeführten Tests deutlich um mehr als 400.000. 191 Labore meldeten zuletzt rund 1,6 Millionen solcher Untersuchungen in einer Woche. In Hamburg werden laut Senat pro Werktag im Durchschnitt 18.200 Tests ermöglicht.
Bedeuten mehr Tests auch eine geringere Dunkelziffer?
Jein. Zwar werden im Gegensatz zum Frühjahr auch diejenigen getestet, die zum Beispiel asymptomatisch sind, und deshalb können auch diese Infektionen registriert werden. Trotzdem bleibt die Dunkelziffer eines der größten Rätsel in der Corona-Pandemie und es kann sein, dass sie mit Anstieg der Positivrate ansteigt. Ein Versuch, diese Zahl abzubilden, ist der sogenannte „Dunkelziffer-Radar“, der anhand der Zahlen vom RKI die Dunkelziffer mathematisch hochrechnet.
Was bedeutet das für die Testkapazitäten?
Die Testkapazitäten sowohl in Hamburg als auch in Deutschland sind mittlerweile intensiv ausgelastet. Immer öfter kommen Corona-Labore mit dem Auswerten von Tests nicht hinterher. So meldeten laut RKI in der vergangenen Woche 69 Labore einen Rückstau von insgesamt 98.931 abzuarbeitenden Proben. 55 Labore nannten zuletzt Lieferschwierigkeiten für Reagenzien unter anderem zum Auswerten der Tests, Plastikverbrauchsmaterialien und Pipettenspitzen. Dadurch gibt es unter anderem auch einen Verzug bei der Meldung an die Gesundheitsämter.