Präsident als Staatsfeind: Für diese fünf Lektionen können wir den Amis dankbar sein
Kommentar –
Der Präsident als Staatsfeind Nr.1: Donald Trump ist aktuell der wohl gefährlichste Mensch für die amerikanische Demokratie. Seine Präsidentschaft endet im Chaos, mit Verrat und Gewalt. So schockierend die Ereignisse der letzten Tage, Wochen, Monate und Jahre sind: Als Deutsche und Europäer bekommen wir gerade fünf Lektionen in Demokratie gelehrt, die wir leider bitter nötig haben.
1. Trump hat uns Europäern das größte Warnschild überhaupt aufgestellt: Seht her, das passiert, wenn ihr euch den Populisten ausliefert, den Gaulands und Höckes, den Le Pens und Salvinis, den Orbans und Erdogans.
2. Trump hat gezeigt, wohin es führt, wenn man die Demokratie verächtlich macht, ihre Institutionen systematisch unterhöhlt, ihre Vertreter dem Spott Preis gibt, ihre komplexen Verfahren lächerlich macht: direkt in den Abgrund. Oder, wie George W. Bush am Mittwochabend schrieb, in eine „Bananenrepublik“.
3. „Make Guillotines Great Again“ stand auf einem Plakat am Kapitol. Die Bilder von Washington sollten allen eine Warnung sein, die vom Umsturz träumen, von Revolution und Eskalation, die „das System“ abschaffen wollen. Am Ende kann es passieren, dass tatsächlich ein Mob das Parlament stürmt, die Demokratie abschafft und kurzen Prozess mit allen Andersdenkenden macht – inklusive einem selbst.
Das könnte Sie auch interessieren: Auschwitz-Pulli, „Sieg Heil“-Rufe: Das sind Trumps Anhänger im Kapitol
4. Wenn der Mob randaliert, kommt es auf den Einzelnen an. Wer der Meinung ist, es sei doch egal, wer im Kabinett sitzt, wer Justizminister, Innenminister, Fraktionschef, Vizepräsident oder -Kanzler ist, der sollte sich vergegenwärtigen, dass Mike Pence und Mitch McConnell am Mittwoch in den USA die Demokratie gerettet haben – nachdem sie vier Jahre Trumps Irrsinn mitgetragen haben. Aber in diesem einen Moment, als es auf der Kippe stand, haben sie sich für die Verfassung und die Republik entschieden. Nur deshalb hat Trump am Ende seine Aufgabe verkündet. Wer also meint, man könne auch mit Faschisten und Extremisten regieren, sollte sich fragen, wie Gauland und Co. in dieser Situation reagiert hätten.
5. Die letzte Lektion ist: Wir dürfen es nicht so weit kommen lassen, dass das Land in zwei Lager, zwei Stämme gespalten wird, die sich nur noch auf Twitter und Facebook anbrüllen, denen es nur um Macht und nicht mehr um Diskurs und Erkenntnis geht. Unser Wahlsystem hilft dabei, es tariert mehr aus als das US-Amerikanische, fördert den Kompromiss, den Wandel, bleibt dadurch beweglich und zugleich stabil. Wer dem politischen Gegner seine Daseinsberechtigung abspricht, wenn dieser auf demokratischem Boden steht, der greift immer auch unsere Demokratie und damit uns alle an.