Wie man Quentin Tarantino und Ashton Kutcher nach Hamburg lockt
Die Welt des Online-Marketings schaut heute und morgen nach Hamburg. Beim OMR-Festival in den Messehallen kommen insgesamt gut 70.000 Menschen zusammen, um sich über Inhalte, Events und neue Technologien der digitalen Wirtschaft auszutauschen. Die MOPO traf vorab Gründer Philipp Westermeyer zum Interview.
MOPO: Herr Westermeyer, den meisten, die beruflich irgendwas mit dem Internet zu tun haben, ist OMR mutmaßlich ein Begriff. Wie erklären Sie allen anderen, was Sie da diese Woche machen?
Philipp Westermeyer: Ganz klassisch formuliert veranstalten wir eine Messe, einen Kongress für die Digitalwirtschaft. Das greift aber etwas zu kurz, weil dieser Teil der Wirtschaft mittlerweile an extrem viele gesellschaftliche Bereiche Anschluss gefunden hat. Egal ob es um Politik, Mobilität, Finanzwirtschaft, Sport oder Kultur geht: Alles steht unter dem Eindruck digitaler Veränderungen. Deswegen ist unsere Veranstaltung so enorm groß geworden. Als wir vor gut zehn Jahren angefangen haben, waren wir eine kleine Fachveranstaltung. Da waren Firmen wie Facebook oder Google noch kleiner. In deren Sog sind wir quasi mitgewachsen.
Facebook, Google und andere Mega-Konzerne stehen mittlerweile ganz massiv in der Kritik – wahlweise als Datenkraken oder auch als Schleudern für Hass- und Falschnachrichten. Wie gehen Sie damit um?
Anfang der 2000er war es das Coolste, mit diesen Firmen, die im Begriff waren, die Welt zu verändern, zusammenzuarbeiten. Man hat erst mal hauptsächlich die positiven Aspekte der weltweiten Vernetzung erlebt. Aber ja: Die Gesamtlage ist anders geworden. Wir alle haben festgestellt, dass Dinge passieren, mit denen niemand gerechnet hat – es hätte sich ja früher niemand erträumt, dass soziale Netzwerke mal den Ausgang von Wahlen beeinflussen würden. Es ist wichtig, sich kritisch damit auseinanderzusetzen – und das tun wir auch. Wir sehen uns aber selbst ein bisschen wie die Schweiz in einer neutralen Position. Firmen wie Facebook und Google sind langjährige Partner, die auf unserer Veranstaltung selbstverständlich gerne gesehen sind. Aber bei uns treten auch Leute auf, die dafür bekannt sind, diese Unternehmen sehr kritisch zu bewerten. Wir versuchen das ausgewogenen darzustellen.
Weltstars wie Regisseur Quentin Tarantino oder Schauspieler Ashton Kutcher sprechen dieses Jahr bei der OMR. Wie lockt man solche Leute nach Hamburg?
Am Ende haben wir ein bisschen Glück gehabt, weil unsere Veranstaltung gleichzeitig mit den Filmfestspielen von Cannes stattfindet. Tarantino ist jedes Jahr dort – man muss ihn nur von dort aus nach Hamburg holen. Klar, der möchte dann ein standesgemäßes Flugzeug haben, der geht im Flughafen nicht in die Economy-Lounge. Das muss man alles organisieren. Aber es ist natürlich einfacher, ihn aus Cannes nach Hamburg zu locken und nicht aus Los Angeles.
Eine angenehme Anreise oder viel Geld sind für Weltstars mutmaßlich nicht überzeugend genug für einen Abstecher nach Hamburg …
Nein, natürlich nicht. Wir arbeiten jahrelang daran, Menschen wie Tarantino oder Kutcher für unsere Veranstaltung zu begeistern. So was kommt nicht von heute auf morgen zustande. Man geht da über Netzwerke, spricht mit vielen Leuten. Dieses Jahr hatten wir einfach doppelt Glück. Ashton Kutcher habe ich vor einiger Zeit persönlich kennenlernen dürfen. Der investiert in viele Start-ups, auch in Deutschland. Einige bekannte deutsche Gründer haben Kutcher als Investor, so kommen Kontakte zustande. Am Ende geht es um die Glaubwürdigkeit der eigenen Veranstaltung. Solchen Promis, die weltweit zu Events angefragt werden, muss man verdeutlichen, dass es sich um eine sinnvolle Veranstaltung handelt. Und dabei helfen Kontakte natürlich. Am Ende machen es die Signale aus dem direkten Umfeld solcher Megastars aus. Und wenn Menschen, denen sie vertrauen, sagen: Da solltest du hin, da war ich auch mal, die machen das super. Dann kommt eins zum anderen.
Wie profitiert Hamburg von Ihrer Veranstaltung?
Ich bin da selbstbewusst: Was wir hier machen, ist einmalig – nicht nur wegen der Stars, sondern auch weil so viele Leute aus ganz Europa nach Hamburg kommen. Die lernen die Stadt kennen, übernachten, gehen essen – logisch bringt das Geld in die Stadt. Wir setzen Hamburg in dieser wichtigen Branche ein Stück weit auf die Karte. Das andere, mit uns vergleichbare Event in Europa ist der Web Summit – die sind vor einigen Jahren von Dublin nach Lissabon umgezogen. Da halten sich die Gerüchte hartnäckig, dass Lissabon jedes Jahr mehrere Millionen zahlt, damit die Veranstaltung dort bleibt. Wir sind zwar vergleichbar groß – haben solche Ansprüche aber nicht.
Gab es denn mal Umzugspläne?
Nee, wir fühlen uns super wohl in Hamburg. Wir werden von Hamburg auch bei der Umsetzung der OMR unterstützt. Hier ist unsere Heimat, hier sind wir groß geworden. Ich glaube, dass Hamburg bestens geeignet ist für unser Event, nicht zu groß, nicht zu klein. Wir haben hier die Chance, die ganze Stadt auf die OMR aufmerksam zu machen. Das wäre in einer Mega-Stadt wie New York nicht so. Auch das trägt dazu bei, dass wir uns hier so wohl fühlen.
Danke für das Interview, Herr Westermeyer.
Hintergrund zur OMR: Mega-Event mit großen Namen
Von der kleinen Fachveranstaltung zum Mega-Event: Als das OMR Festival 2011 zum ersten Mal stattfand, kamen 200 Interessierte in die Bucerius Law School – elf Jahre später werden 70.000 Besucher erwartet. In den Messehallen treten heute und morgen viele Größen der Unternehmenswelt auf: Zu den 800 Sprechern gehören – neben den Megastars Kutcher und Tarantino – die Chefs von Douglas, Porsche, Check24, Vodafone oder Otto. Auch Youtuber Rezo, Moderator Markus Lanz, Influencerin Karo Kauer oder Moderator und MOPO-Kolumnist Micky Beisenherz halten Vorträge. Musik gehört ebenfalls zum OMR-Programm, es gibt Auftritte von Zoe Wees, Kraftklub oder Marteria.
Das Ganze ist selbstverständlich auch ein riesiges Geschäft: Der Expo-Pass, der den Besuch der Stände der 1000 Aussteller plus Musikacts ermöglicht, kostet 49 Euro. Wer die großen Redner auf der Konferenz-Bühne sehen will, musste tiefer in die Tasche greifen: Die Tickets kosteten 499 Euro (ausverkauft). Noch im Angebot sind Tickets für persönliche „Meet & Greets“ mit Kutcher und Tarantino: für stolze 5000 Euro. Beide Hollywood-Größen im Doppelpack gibt’s dafür nicht – hierfür ist der „Platinum Pass“ nötig. Preis: 20.000 Euro.