Eine Kamera ist auf das Mehrfamilienhaus gerichtet, in dem der 17-Jährige wohnt und von der Polizei festgenommen wurde.
  • Eine Kamera ist auf das Mehrfamilienhaus gerichtet, in dem der 17-Jährige wohnt und von der Polizei festgenommen wurde.
  • Foto: picture alliance/dpa | Marcus Brandt

Terrorverdächtiger aus Elmshorn: Das ist über den 17-Jährigen bekannt

Ein Terrorverdächtiger aus Elmshorn (Kreis Pinneberg) plante nach Erkenntnissen der Ermittler einen Anschlag. Der 17-Jährige habe sich erheblich radikalisiert. Das weckt Erinnerungen an ähnliche Fälle.

Es ist eine klassische Mehrfamilienhaussiedlung, wie es sie so in vielen deutschen Städten gibt. Die Balkone sind mal beige, mal grün, mal rot angestrichen. Zwischen den einzelnen Blöcken viel Grün. Jetzt, im November, liegt Laub von den umstehenden Bäumen auf den Rasenflächen. Immer wieder lassen sich an diesem Vormittag Passanten auf der Straße blicken, grüßen sich. Einige gehen mit ihren Hunden spazieren. Nichts deutet darauf hin, dass Ermittler hier, am Stadtrand von Elmshorn, vor wenigen Tagen einen erst 17 Jahre alten mutmaßlichen islamistischen Angreifer festgenommen und womöglich Schlimmes verhindert haben. 

Islamistische Einstellung führt zu „hinreichend konkreten“ Anschlagsplänen

Seit März ermittelte die Flensburger Staatsanwaltschaft gegen den 17-Jährigen, dessen Familie in einem der Häuser in einer Wohnung im ersten Stock lebt. Er wurde in der vergangenen Woche festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Im Falle einer Verurteilung sieht das Gesetz die Anwendung des Jugendstrafrechts vor, gibt die Staatsanwaltschaft an.

Im Zuge der umfangreichen Ermittlungen sei eine erhebliche Radikalisierung des Beschuldigten festgestellt worden, teilte die Staatsanwaltschaft Flensburg mit. Dessen islamistisch extremistische Einstellung sei zuletzt in hinreichend konkreten Anschlagsplänen gemündet.

Bei dem Jugendlichen handelt es sich um einen „in Deutschland geborenen deutschen Staatsbürger mit ausländischen Wurzeln,“ wie der Sprecher der Behörde, Oberstaatsanwalt Bernd Winterfeldt, sagte. Weitere Details zu dem Verdächtigen, etwa zur Familie, nannte er mit Blick auf dessen noch sehr junges Alter nicht. Ihm wird die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und die Verabredung zum Mord vorgeworfen. 

Ausländische Dienste wurden auf 17-Jährigen aufmerksam

Die Ermittlungen seien vom Bundeskriminalamt und nachfolgend dem Landeskriminalamt eingeleitet worden. Im konkreten Fall hätten die Ermittlungsbehörden einen Hinweis bekommen, hätten den 17-Jährigen aber auch selbst beobachtet, sagte Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). „Wir sind gelegentlich abhängig von ausländischen Diensten.“ 

Medienberichten zufolge wurde die Kommunikation abgehört. „In diese Richtung laufen natürlich die Ermittlungen,“ sagte Winterfeldt. Dass eine Kommunikation stattgefunden habe, könne er bestätigen. Nun gehe es darum, Personen zu identifizieren. „Was sich vielleicht nicht ganz einfach gestaltet, wenn die sich im Ausland aufhalten.“

Wo der Tatverdächtige zuschlagen wollte, ist aktuell nicht bekannt. „Was sich im Moment sicher sagen lässt, ist das eine größere Menschenmenge als Ziel in Aussicht genommen worden war. Weitere Sachen waren noch nicht festgelegt,“ sagte Winterfeldt. Sütterlin-Waack betontet, dass ein Weihnachtsmarkt laut aktuellem Ermittlungsstand nicht das Ziel war.

Erinnerungen an den Anschlag auf den Breitscheidplatz werden wach

Nach dpa-Informationen von Montag wollte der 17-Jährige für seinen Anschlag einen Lkw nutzen. Das erinnert an den Anschlag am 19. Dezember 2016 auf dem Breitscheidplatz in Berlin. Damals hatte ein islamistischer Terrorist einen Lastwagen entführt und war in einen Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gefahren. Durch die Tat starben insgesamt 13 Menschen, einer von ihnen Jahre später an den Folgen. Mehr als 70 Menschen wurden verletzt, manche von ihnen schwer. Der Attentäter floh nach Italien, wo er von der Polizei erschossen wurde.

Der Verfassungsschutz schätzte das islamistische Personenpotenzial im vergangenen Jahr auf 27.200 Personen, wobei nur ein Teil von ihnen als gewaltbereit gilt. Besonders große Sorgen machen den Behörden sehr junge Täter, bei denen der Prozess der Radikalisierung oft besonders schnell verläuft.

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Ein Beispiel dafür ist der Fall von zwei Jugendlichen, die im Herbst 2023 geplant haben sollen, mit einem Lastwagen einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt im nordrhein-westfälischen Leverkusen zu verüben. Die beiden waren damals 15 und 17 Jahre alt. (dpa/mp)

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