Die Angeklagten im Gerichtssaal
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  • Foto: Nina Gessner

Angriff auf Polizisten: Urteil in G20-Prozess gefällt!

Mehr als sieben Jahre nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg sind am Dienstag zwei Demo-Teilnehmer wegen Landfriedensbruch und Beihilfe zu versuchter gefährlicher Körperverletzung und Beihilfe zum tätlichen Angriff auf Polizeibeamte zu je 90 Tagessätzen verurteilt worden.

Der Angeklagte Nils Jansen (28) wurde als Student zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt. Die mitangeklagte Erzieherin (34), die wie Jansen in Berlin lebt, muss 90 Tagessätze à 40 Euro zahlen. Dabei gelten für beide 40 Tagessätze wegen überlanger Verfahrensdauer als bereits vollstreckt.

Prozess im Rondenbarg-Komplex: Polizisten bei G20 angegriffen

Die Angeklagten sollen sich 2017 an einem Aufmarsch von 150 bis 200 Gipfelgegnern beteiligt haben. Aus der Menge seien Polizisten mit Steinen beworfen worden, hieß es in der Anklage am Landgericht in Hamburg. Teilnehmer des Aufmarsches hätten Verkehrsschilder, eine Bushaltestelle, ein Firmengebäude und zwei Autos beschädigt. Die Polizei hatte den Marsch der einheitlich schwarz Gekleideten in der Straße Rondenbarg im Stadtteil Bahrenfeld gestoppt.

Den beiden Angeklagten können keine individuellen Straftaten zugerechnet werden. Verurteilt wurden sie allein für ihre Anwesenheit bei der Demo und für das Anlegen schwarzer Kleidung, wodurch sie die unbekannten Gewalttäter unterstützt hätten. Das durch die dunkle Kleidung bewirkte „martialische Auftreten“ habe in der Bevölkerung für Angst und Schrecken gesorgt, so die Vorsitzende Richterin.

Vorsitzende Richterin: „Natürlich hat es Polizeigewalt gegeben“

Ursprünglich waren in dem Verfahren fünf Personen angeklagt worden. Da drei von ihnen aus Süddeutschland stammten, wurde der Prozess gegen sie aber bereits im Februar 2024 gegen Zahlung einer Geldbuße und einer Erklärung zur Distanzierung von Gewalt eingestellt. Die beiden anderen Angeklagten hatten das Angebot abgelehnt. Ihre Begründung: Die Polizei sei damals am Rondenbarg massiv gegen die Demonstrierenden vorgegangen. In dem Zusammenhang sei es nicht richtig, wenn die Demonstrierenden sich von Gewalt distanzieren und Geld zahlen sollen, während die Polizei keine Konsequenzen befürchten muss.

Wichtig war der Richterin daher in ihrer Urteilsbegründung festzuhalten, dass die Geschehnisse am Rondenbarg keine Reaktion auf das Verhalten der Polizeieinheiten vor Ort war, sondern dass die Sachbeschädigungen und Steinwürfe schon vor der Eskalation stattgefunden haben. „Natürlich hat es Polizeigewalt gegeben. Das haben die Video-Aufnahmen deutlich gezeigt. Ich kann verstehen, dass es unbefriedigend ist, dass die Polizeigewalt bisher nicht aufgearbeitet wurde. Aber das ist nicht Aufgabe dieser Kammer gewesen“, so die Richterin.

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Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, kritisierte das Urteil: „Während die massive Polizeigewalt, mit der die Demonstration am Rondenbarg zerschlagen wurde, völlig ohne Konsequenz geblieben ist, werden Aktivist:innen immer noch vor Gericht gezerrt, weil sie an der Demonstration überhaupt nur teilgenommen haben. Demonstrieren ist aber kein Verbrechen, sondern ein Grundrecht. Die Verurteilung ist ein schwerer Angriff auf die Versammlungsfreiheit“, so Celik.

Auch der Verurteilte Nils Jansen zeigte sich gegenüber der MOPO unzufrieden: „Ich bin froh, dass es vorbei ist. Der Prozess war nervenaufreibend und Strafe genug.“ Dass er und die andere Demonstrantin nicht für eine Straftat, sondern für die Teilnahme an einer Demo verurteilt wurden, sei für alle Menschen, die für ihre Meinung laut einstünden, eine gefährliche Entwicklung. „Gerade angesichts des Erstarkens der AfD geht das in eine falsche Richtung“, so Jansen.

Anders anziehen will er sich künftig bei Demos nicht. „Meine Regenjacken sind alle Schwarz“, so der 28-Jährige.

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