Schluss mit Einwegbechern! Wie die Recup-Gründer zu ihrer Idee kamen
Die MOPO stellt gemeinsam mit „Viva con Agua“-Geschäftsführerin Carolin Stüdemann in der Serie „Auf ein Wasser mit …“ Unternehmer:innen und Vordenker:innen vor, die eine bessere Welt schaffen. Heute spricht Carolin mit Fabian Eckert, der zusammen mit Florian Pachaly vor fünf Jahren mit Recup ein Mehrweg-Pfandsystem für Getränke und Mahlzeiten zum Mitnehmen geschaffen hat, um Müll zu reduzieren, der durch Einwegprodukte produziert wird.
Carolin Stüdemann: Moin Fabian! Recup ist kürzlich mit dem European Reusable Award ausgezeichnet worden, herzlichen Glückwunsch. Woher kam die ursprüngliche Idee?
Fabian Eckert: Danke! Die Idee zum Mehrweg-Pfandsystem entstand 2016. Unabhängig voneinander sind Florian und mir der unverhältnismäßig hohe Verbrauch von Einwegbechern und die resultierenden Müllberge aufgefallen. Der klassische Pappbecher ist innen mit Plastik beschichtet und besteht außen aus Papier, was das Recycling umständlich und extrem teuer macht, daher werden die Becher oft verbrannt. Wir dachten, das muss auch anders gehen und so kam die Idee eines Pfandsystems. Ich studierte damals in Schweden und sprach mit derselben Person über die Idee wie Florian. Die hat uns dann anschließend vernetzt und zusammen haben wir im November 2016 ein Pilotprojekt mit 26 Partner:innen in Florians Heimatstadt Rosenheim gestartet.
Wie funktioniert der Recup-Becher?
Ganz einfach. Wir statten gastronomische Betriebe mit Mehrwegbehältern aus, die sich die Kund:innen gegen Pfand unkompliziert ausleihen können. Neben dem Recup gibt es mittlerweile auch die Rebowl. Kund:innen bestellen ihr To-go-Getränk oder Takeaway-Essen einfach in unseren Behältern, hinterlegen Pfand und machen mit ihrem Alltag weiter wie gewohnt. Wenn Becher oder Schalen leer sind, geht’s einfach zum nächsten Recup/ Rebowl-Partner, wo die Behälter zurückgegeben werden und die Kund:innen das Pfand zurückbekommen. Jeder Pfandbecher ersetzt bis zu 1000 Einwegbecher und jede Rebowl bis zu 500 Einwegschalen.
Recup-Gründer Fabian Eckert: „Idee entstand 2016“
Cool, das hat ja ordentlich Potenzial und spart eine Menge Müll ein. Macht ihr euch auch Gedanken über andere Dimensionen der Nachhaltigkeit?
Wir haben uns bei der Gründung von Recup von Anfang an gefragt: Wofür wollen wir stehen? Das ist ein Umdenken auf sozialer, ökologischer und ökonomischer Ebene. Sozial wollen wir dazu beitragen, dass sich die Arbeitswelt verändert, und möchten als Arbeitgeber neue Wege gehen. Ökonomisch ist es unser Ziel, unser Wirtschaftssystem konstruktiv mitzugestalten. Daher war es uns wichtig, eine Organisation aufzubauen, in der Gewinne langfristig für unseren Zweck, die Verpackungs-Revolution, eingesetzt werden können. Und unseren Schwerpunkt setzen wir auf der ökologischen Ebene. Wir stellen Material, Ressourcen und Müllvermeidung in den Mittelpunkt und bieten dafür auch eine konkrete Lösung an.
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Seit diesem Sommer gilt das Einwegplastikverbot, auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze sprach vor Kurzem von einer Mehrwegpflicht für die Gastronomie. Sind wir auf dem richtigen Weg?
Durch das Verbot von Einwegplastik und die Mehrwegpflicht für die Gastronomie ab 2023 bekommt unsere Idee politischen Rückenwind. Das freut uns. Denn die Vermeidung von massenhaftem Verpackungsmüll muss systematisch angegangen werden. Dadurch, dass wir bereits vor fünf Jahren gestartet sind, können wir bereits eine etablierte Mehrweg-Pfandlösung anbieten, die mit aktuell über 8500 Partnerbetrieben das dichteste Mehrweg-Pfandnetz in Deutschland darstellt. Das zeigt: Die Umstellung auf Mehrweg im Pfandsystem funktioniert! Gleichzeitig ist uns bewusst, dass Veränderungen im großen Rahmen Zeit brauchen. Insbesondere durch die Einschränkungen während der Lockdowns ist die Lage bei vielen gastronomischen Betrieben bereits angespannt. Deshalb ist es sinnvoll, dass seitens der politischen Entscheidungsträger:innen hier ein Zeitrahmen vorgegeben wurde, in dem Gastronom:innen die Umstellung auf Mehrweglösungen schaffen können.
Klappt eine nachhaltige Produktion der Mehrweg-Behälter und welche weiteren Pläne habt ihr in Bezug auf die Nachhaltigkeit?
Unsere Recups werden im Allgäu produziert, unsere Rebowls in der Nähe von Hamburg und finden ihren Weg dann auch zu unseren Produzenten zurück, wenn sie nach ihrem Einsatz recycelt werden. Da unsere Mehrwegbehälter aus 100 Prozent Polypropylen (PP) bestehen, können sie vollständig recycelt werden. Aktuell ist Polypropylen (PP) das sinnvollste Material, da es bruchsicher, langlebig und geschmacksneutral ist. Unser langfristiges Ziel ist es aber, ein Material zu entwickeln, das auf nachhaltigen Rohstoffen basiert, unsere Produktansprüche ebenfalls erfüllt und zu neuen Bechern und Bowls recycelt werden kann. Aktuell ist es nämlich rechtlich in Deutschland nicht möglich, recyceltes Material für Lebensmittelbehälter zu verwenden.
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Mehrweg-Pfandsystem: Idee bekommt politischen Rückenwind
Eure Partner:innen sind überwiegend im urbanen Raum zu finden. Versucht ihr auch aktiv den ländlichen Raum einzubinden?
Der To-go-Konsum ist besonders in Städten ausgeprägt und wir sind hier bereits sehr stark vertreten. Gleichzeitig ist unser Mehrweg-Pfandsystem so aufgesetzt, dass es für jede:n zugänglich ist. Dabei spielt der ländliche Raum definitiv eine große Rolle. Insbesondere durch die Partnerschaften mit diversen Tankstellen konnten wir die Zugänglichkeit im ländlichen Raum zuletzt deutlich ausbauen. Aber auch immer mehr Bäckereien im ländlichen Raum schließen sich unserem System an. Ein Mehrwegsystem funktioniert dann besonders gut, wenn sich viele Betriebe anschließen. Unser Ziel ist es, im Laufe des Jahres 14.000 Partner-Betriebe zu haben.
Gibt es etwas, das ihr den Hamburger Leser:innen noch als Tipp mitgeben möchtet?
Alle Hamburger:innen können gemeinsam mit uns auch die Arbeit von Viva con Agua unterstützen. Mit unserem Partner Alnatura haben wir die Möglichkeit geschaffen, das Pfand direkt zu spenden und somit Müll zu vermeiden und gleichzeitig Projekte für sauberes Trinkwasser zu unterstützen.