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Sechsjähriger von Kampfhunden getötet: Volkans Tod löste ein politisches Erdbeben aus

Der kleine Volkan – er wurde Opfer beißwütiger Kampfhunde und untätiger Bürokraten. Denn obwohl die Behörden wussten, wie gefährlich die Hunde Zeus und Gipsy sind, blieben sie untätig, unternahmen nichts. Und so kam es, wie es kommen musste: Am 26. Juni 2000 – vor etwas mehr als 20 Jahren – fielen die Tiere über den sechsjährigen Jungen her und zerfleischten ihn.

Schauplatz: Wilhelmsburg. Es ist ein sonniger Montagmorgen. In der Pause gegen 11.40 Uhr spielen Volkan und seine Freunde Fußball auf einer Wiese, die zum Gelände der Grundschule Buddestraße gehört. Zur selben Zeit geht nur wenige Meter entfernt Ibrahim K. (heute 40) – genannt „Ibo“ – mit seinen Tieren Gassi: mit Pitbull Zeus und der Staffordshire-Hündin Gipsy. Die beiden Vierbeiner laufen frei, ohne Leine. Mit einem Mal sind sie auf und davon: Beide springen über eine 1,40 Meter hohe Mauer und greifen die Kinder an – sofort.

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Der kleine Volkan. Er wurde nur sechs Jahre alt.

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privat/Repro

Zuerst verbeißt sich Gipsy in Volkans Körper, dann greift auch noch Zeus an. Die Hunde sind wie im Blutrausch. Sie zerfleischen den Kopf des wehrlosen Jungen regelrecht. Ibrahim K. und seine Freundin Silja W. (19) versuchen einzugreifen, mühen sich, die Bestien von dem Kind wegzuziehen. Aber es gelingt ihnen nicht. Sie werden dabei nur selbst verletzt.

Hamburg: Retter können den Volkan nicht mehr helfen, er stirbt schwer verletzt

Dann braust ein Peterwagen heran. Passanten rufen den Polizisten zu: „Erschießt die Tiere endlich!“ Und tatsächlich eröffnen die Beamten mit ihren Maschinenpistolen das Feuer. K., der Besitzer der Tiere, will das verhindern, ruft: „Nicht schießen!“ Kurz darauf ist der erste Vierbeiner tot. Den zweiten spürt einer der Beamten in einem Gebüsch auf, feuert acht Mal auf ihn.

Inzwischen kämpft ein Rettungsarzt um das Leben von Volkan. Vergeblich. Der Junge stirbt. Ein Polizeibeamter verlässt weinend den Ort des Geschehens, muss von Kollegen gestützt werden. Langsam wird jedem klar, was für eine Tragödie sich ereignet hat.

Der Tod von Volkan hätte verhindert werden können

Der Tod von Volkan – er wäre zu verhindern gewesen: Denn die Behörden hätten Ibrahim K. die Hunde längst wegnehmen können – ja, sogar müssen. Er ist seit Langem als Schläger und Dealer polizeibekannt. Gefährliche Körperverletzung, Beleidigung, Diebstahl, Straßenraub, Hausfriedensbruch – nur einige der Vergehen auf seiner langen Liste an Vorstrafen.

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Trauer um den kleinen Volkan.

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Schimkus

Seine Hunde hat er zu Kampfmaschinen erzogen, die er immer wieder als Waffe einsetzt. Mit Schlägen hat er sie scharfgemacht, ihnen jede Beißhemmung genommen. Immer wieder greifen sie auf der Straße andere Hunde an. Deshalb machen die Behörden es K. zur Auflage, die Tiere nur noch angeleint und mit Maulkorb nach draußen zu lassen. Aber K. schert sich nicht darum.

Hamburg: Behörden schritten nicht ein

Selbst als seine Hunde noch zwei weitere Vierbeiner verletzen, schreiten die Behörden nicht ein. Ein unentschuldbares Versagen. Später werden die Ämter argumentieren, K. habe keine Meldeanschrift gehabt, deshalb habe man ihm amtlich nichts zustellen können. Dabei weiß in Wilhelmsburg jedes Kind, wo „Ibo“ wohnt. Er ist berühmt-berüchtigt. Wie seine Hunde.

Silja W. (damals 19) und Ibrahim K. (24) beim Prozess. K. bekam drei Jahre und sechs Monate Haft ; über Silja W. verhängten die Richter ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung.

Silja W. (damals 19) und Ibrahim K. (24) beim Prozess. K. bekam drei Jahre und sechs Monate Haft ; über Silja W. verhängten die Richter ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung.

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Und dann kommt der 26. Juni 2000. Ibo geht mit Zeus und Gipsy Gassi. Die beiden Tiere betrachten die Wiese der Schule als ihr Revier – das ist der Grund, weshalb sie die Kinder angreifen. Für die Hunde sind die Kinder Eindringlinge, die es zu vertreiben, zu vernichten gilt. Genau auf diesem Gelände wurden sie von Ibrahim K. stets trainiert.

Volkans Tod löst politisches Beben aus

Der Tod des kleinen Volkan löst politisch ein Erdbeben aus. Jahrelang war erfolglos über eine bundeseinheitliche Kampfhundeverordnung diskutiert worden. Nun plötzlich geht alles ganz schnell.

Die Bundesregierung nimmt den Kampf gegen die Kampfmaschinen auf: Seit 2001 ist die Einfuhr der vier Hunderassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier nach Deutschland verboten. Parallel dazu verabschiedet Hamburg die strengste Hundeverordnung Deutschlands.

>> Hier lesen: Rasseliste: 20 Jahre Streit um die gefährlichen Hunde

Fünf Monate nach Volkans Tod muss sich Ibrahim K. vor dem Landgericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Der Staatsanwalt fordert acht Jahre Haft. Am Ende kommt der Mann mit dreieinhalb Jahren davon. Im Januar 2003 wird er in die Türkei abgeschoben.

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