Das Metallgerüst der Schilleroper steht seit 2012 unter Denkmalschutz.
  • Das Metallgerüst der Schilleroper steht seit 2012 unter Denkmalschutz.
  • Foto: Florian Quandt

„Senat leistet aktive Sterbehilfe“: Streit um Schilleroper geht weiter

Es hat eine spannende Vergangenheit, aber doch eine ungewisse Zukunft: Schon seit Jahren ragt das angerostete Metallskelett der Schilleroper in den Himmel über St. Pauli. Die Eigentümerin plant einen Abriss der 24 Meter hohen Rotunde und einen Neubau. Die Stadt will die Eigentümerin jetzt allerdings dazu zwingen, die denkmalgeschützte Stahlkonstruktion zu erhalten. Doch das kann dauern.

Eigentümer des Geländes ist die Schilleroper Projekt GmbH, die dort laut ihrer Website „Wohnraum für ältere Menschen“ schaffen will. Im Erdgeschoss sollen unter anderem ein Restaurant, ein Bäcker, ein Fitnessstudio und Büros für einen ambulanten Pflegedienst entstehen. „Das alte Stahlgerüst kann so nicht erhalten werden“, heißt es dort weiter. Ende August hatte die Projektgesellschaft einen Abrissantrag eingereicht.

St. Pauli: Schilleroper steht seit 2012 unter Denkmalschutz

Doch die Stadt hat bereits ihrerseits ein sogenanntes „Sicherungsverfahren“ eingeleitet. Bedeutet vereinfacht gesagt: Wenn die Eigentümerin das Stahlskelett nicht sichert, tut es die Stadt auf deren Kosten. Allerdings bekommt die Schilleroper Projekt GmbH dafür noch einmal neun Monate Zeit, also bis zum Juni 2025.

Die Abrissarbeiten legten die einzigartige Stahlkonstruktion des 1889 errichteten Gebäudes frei. Florian Quandt
Das Stahlgerüst der Schilleroper
Die Abrissarbeiten legten die einzigartige Stahlkonstruktion des 1889 errichteten Gebäudes frei.

Es ist skandalös, dass jetzt noch ein Winter an der Schilleroper und ihrer historischen Stahlkonstruktion nagt“, kritisiert die Linken-Politikerin Heike Sudmann. „Der Senat leistet hier aktive Sterbehilfe, indem er der Eigentümerin immer wieder aufs Neue Zeit gibt. Und der Senat selbst prüft die Schilleroper zu Tode, wenn er mal wieder vier Monate braucht, nur um die Einwände der Eigentümerin zu bearbeiten.“ Für staatliche Eingriffe in Privateigentum gibt es rechtlich hohe Hürden.

Stadt präsentierte im März ein Gutachten zur Schilleroper

Erst im März präsentierte die Stadt ein Gutachten, nach dem die denkmalgeschützte Rotunde sehr wohl erhalten werden könne. „Die denkmalgeschützte Rotunde ist in einem sehr guten Zustand. Lediglich rund zehn Prozent der Bestandbauteile müssten erneuert werden, um die denkmalgeschützte Stahlgerüstkonstruktion zu erhalten“, sagte Kulturbehörden-Sprecher Enno Isermann damals zur MOPO. Zudem müssten zusätzliche Zugbänder angebracht, das Fundament ertüchtigt und Korrosionsschutz aufgebracht werden.

Im ehemaligen Zirkus, der später in ein Opern- und Theaterhaus umgewandelt wurde, traten Elefanten und Eisbären, aber auch Schauspielstars wie Hans Albers (1891-1960) und Asta Nielsen (1881-1972) auf. Nach schwerer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und späterem Großbrand steht die damals hochmoderne Zirkus-Stahlkonstruktion als deutschlandweit einzige ihrer Art seit 2012 unter Denkmalschutz.

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