• Foto: dpa

Sex und Corona: Welche Branche jetzt über ein Umsatzplus jubelt

Auch wenn die Bilder vom Anfang der Corona-Krise etwas anderes vermittelten – die Deutschen haben sich nicht nur mit Klopapier und Nudeln eingedeckt. Auch Kondome waren zu Beginn der Krise stark im Trend. Aber sind dies nur Hamsterkäufe gewesen oder haben Paare tatsächlich häufiger Sex, weil sie wegen Corona mehr Zeit zu Hause verbringen? Verzichten Singles wegen der Abstandsregeln auf intime Verabredungen? Studien gibt es dazu noch nicht, doch die Verkaufszahlen von drei Kondom-Herstellern in Deutschland geben einige Hinweise.

In Sarstedt südlich von Hannover läuft die Produktion beim Kondomhersteller CPR rund um die Uhr. Pro Sekunde werden etwa acht Kondome produziert. Insgesamt 7000 Glasformen werden in flüssigen Kautschuk getaucht, der Latexfilm setzt sich an den Gläsern ab und wird fest. Zum Schluss werden die Gummis mit Bürsten abgestreift, gewaschen und verpackt.

Kondomhersteller: Mit der Prostitution fällt ein großer Markt weg

Das Unternehmen produziert Eigenmarken für Drogerie- und Lebensmittelmärkte und hat einen eigenen Online-Shop. „Dort merken wir seit Corona eine gestiegene Nachfrage, dafür ist die Prostitution komplett weggebrochen“, berichtet CPR-Geschäftsführer Michael Kesselring.

Das könnte Sie auch interessieren: Corona-Konzept für Sexarbeit: So soll Prostitution wieder möglich sein 

Nach seiner Einschätzung macht der käufliche Sex rund 20 Prozent des Kondommarktes in Deutschland aus. Lieferschwierigkeiten für den deutschen Markt sieht er derzeit nicht. Dagegen könnten die Produktionsstätten in Asien wegen der Corona-Pandemie Probleme bekommen. „Dort wird vor allem für die Entwicklungshilfe produziert.“

Gestiegener Umsatz: Paare haben wegen Corona mehr Sex

Auch Ritex-Geschäftsführer Robert Richter betont die Wichtigkeit der Prostitution fürs Kondom-Geschäft. Nach seiner Einschätzung werden bundesweit ein Viertel der Kondome in der Prostitution verbraucht. Die Marke Ritex sei jedoch überwiegend im Einzelhandel aktiv und habe Käufer ab Mitte 20, die tendenziell in festen Partnerschaften seien.

Diese hätten höchstwahrscheinlich zu Beginn der Krise Hamsterkäufe getätigt. „Ich vermute, dass Paare in festen Partnerschaften auch mehr Sex hatten, sonst müssten die Umsatzzahlen jetzt ja einbrechen“, sagt der 39-Jährige. Sie liegen Richter zufolge aber immer noch im einstelligen Bereich über dem Vorjahresmonat.

Das könnte Sie auch interessieren: Liebe im Lockdown: Das sind die Sex-Trends in der Corona-Zeit

Das Unternehmen Mapa produziert in Zeven zwischen Bremen und Hamburg unter anderem die Marke Billy Boy. Auch hier wurden Hamsterkäufe zu Beginn der Krise beobachtet, gefolgt von einem niedrigeren Umsatz durch den Lockdown. Mittlerweile pendele es sich alles wieder in den gewohnten Regionen ein, heißt es.

Sex in Deutschland: Kondome sind wieder beliebter

Nach einer repräsentativen Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Verhütungsverhalten der Deutschen aus dem Jahr 2018 nutzen 47 Prozent der sexuell aktiven Frauen und Männer die Pille, 46 Prozent das Kondom. Sieben Jahre zuvor nannten nur 37 Prozent das Kondom. Vor allem unter 30-Jährige haben der Untersuchung zufolge zunehmend eine kritische Einstellung zu hormonellen Verhütungsmethoden. Den Befragten sei beim Kondom auch der Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen wichtig.

„Die Kondomnutzung ist normal geworden und wird als Zeichen von Verantwortung gesehen“, sagt Richter. Zwar seien die Arbeits- und Produktionskosten in Deutschland hoch, allerdings helfe der hohe Automatisierungsgrad. „Wir können sehr effizient arbeiten.“

Im Trend: „Made in Germany“ und Öko-Kondom

Für Deutschland spricht laut Richter zudem das „Made in Germany“. Kondome sind Medizinprodukte. „Über den Online-Handel hat man das Problem, dass sehr viel, qualitativ teils minderwertige Ware aus Fernost nach Deutschland eindringt“, sagt der Ritex-Chef. Von verdächtig günstigen Produkten sollte man die Finger lassen.

Im Trend liegen heute ökologisch-nachhaltige und vegane Kondome – dies hat möglicherweise das Berliner Start-up Einhorn befördert. Auch andere Hersteller bieten inzwischen Kondome an, bei denen die Naturkautschuk-Plantagen von der Organisation Forest Stewardship Council (FSC) zertifiziert sind, also hohen sozialen und ökologischen Standards entsprechen. (alu)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp