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Sogar auf Tinder!: Hamburgs Politiker kämpfen auf Social Media um Stimmen

Endspurt im Wahlkampf: Kurz vor der Bürgerschaftswahl geben Hamburgs Politiker noch einmal alles und sich auc in den Sozialen Medien so präsent wie selten. Neben Facebook, Instagram und Twitter setzen einzelne Kandidaten jetzt auch auf Tiktok und sogar die Dating-App Tinder. Nein, das ist kein Scherz, sondern Wahlkampf im digitalen Zeitalter!

Der Kampf um Wählerstimmen findet nicht mehr nur auf Plakaten und Wochenmärkten statt. Längst hat er sich auf Smartphones, Desktops und Tablets verlagert. Wenige Tage vor der Bürgerschaftswahl sind Hamburgs Politikerinnen und Politiker in den Sozialen Medien so präsent wie selten.

„Keine Wahl im Jahr 2020, gerade in einer urbanen Metropolregion wie Hamburg, funktioniert ohne Online“, sagt Martin Fuchs, Politik- und Digitalberater aus der Hansestadt. Eine erfolgreiche Kampagne funktioniere nur, wenn Online und Offline ineinander greifen. Wer auffallen will, setzt auf ausgefallene Formate.

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Bürgerschaftswahl in Hamburg: FDP setzt auf Tinder-Wahlkampf

„Man muss in der Politik dort proaktiv auftreten und dort Präsenz zeigen, wo die Leute aktiv sind“, sagt der 23-jährige Carl Coste, der für die FDP auf Listenplatz 5 kandidiert. An dem Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen Hamburg kommt man, beziehungsweise Frau, auf der Dating-Plattform Tinder kaum vorbei. Lässig an einem Geländer lehnend lächelt der Jura-Student durch seine runde Brille der potenziellen Wählerin entgegen. „Moin ich bin Carl und Dein Kandidat für die Hamburger Bürgerschaftswahl. Swipe nach rechts oder schreib mir auf Insta und lass uns über die Zukunft von Hamburg reden!“, heißt es in seinem Profil, wo Andere Angaben zu Hobbys oder Vorlieben machen.

„Es geht mir primär darum, möglichst niedrigschwellige Angebote zu schaffen, um über Politik ins Gespräch zu kommen“, erklärt der Jungliberale. Überwiegend würde dieses Angebot sehr positiv angenommen.

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Auch Teenie-App TikTok wird für Wahlkampf genutzt

Weil in Hamburg Wählen bereits  ab 16 Jahren möglich ist, kommt neben Facebook und Instagram auch der bei Jüngeren sehr beliebten Video-Plattform Tiktok eine besondere Rolle zu. Der 21-Jährige Jonas Bayer, der für die FDP auf dem Landeslistenplatz 19 kandidiert, präsentiert in einem Kurzvideo zu übersteuerten Hip-Hop-Beats in weißem Hemd und Sakko „drei Dinge, für die die FDP steht: 5G Internet überall, Verbot von Zirkustieren, Abschaffung der Bonpflicht“. 

Auch FDP-Mann Michael Kruse gibt online Gas: Er setzt mit kurzen Facebook-Videos auf persönliche Ansprache zum Wähler. Dort stellt er kurz und knapp sich und seine Wahl-Themen vor, um seine Follower von sich zu überzeugen.

„Social Media ist mittlerweile die drittwichtigste Nachrichtenquelle neben TV und Radio, das zeigt die Relevanz dieses Kanals, um Menschen zu erreichen, die nicht mehr die Tagesschau oder das Hamburg Journal einschalten“, erklärt Fuchs. Das Nachrichtenkonsumverhalten habe sich fundamental verändert. Das Besondere am Online-Wahlkampf sei die Form der Push-Kommunikation: „In den sozialen Medien kriege ich politische Inhalte in mein Leben gespielt, obwohl ich vielleicht gar nicht danach gefragt habe, durch virale Effekte, Algorithmen, Freunde, die etwas teilen.“

Tschentscher: Bringen ihn Live-Steams und Frage-Runden zum Sieg?

Die regierende SPD hat ihr Social-Media-Budget für den Online-Wahlkampf nach eigenen Angaben im Vergleich zu 2015 deutlich erhöht. Der Fokus des achtköpfigen Teams liege klar auf Spitzenkandidat Tschentscher. Frage-und-Antworten-Aktionen in Instagram-Stories und Facebook-Live-Fragestunden seien besondere Formate. Genau wie die Grünen und die CDU hat die SPD eine externe Agentur damit beauftragt, über Social Media so viele potenzielle Wählerinnen und Wähler zu gewinnen wie möglich.

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Fuchs hat den Eindruck, dass sich der Online-Wahlkampf grundsätzlich professionalisiert hat: Die Teams seien größer, die Kompetenzen besser, die Ressourcen hätten sich zu Gunsten des Digitalen verschoben. „Aber ich sehe wenig Innovation, vor allem sehe ich tendenziell nicht, dass sich die Parteien in den Jahren zwischen den Wahlen bemüht hätten, Online-Communities aufzubauen, die sie jetzt bedienen können.“ Auch gebe es abgesehen von einzelnen Ausnahmen zu wenig Dialog. „Da wird sehr, sehr viel Potenzial in Hamburg noch verschenkt.“ (dpa/mp)

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