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Sonst herrscht hier ein striktes Verbot: Jetzt dürfen sogar Frauen in die Herbertstraße

St. Pauli –

Wo sonst ein absolutes Frauenverbot herrscht, stehen die Pforten am Montagabend weit offen: die Herbertstraße auf dem Kiez. Schlange stehen zwischen verlassenen Bordellen und Protestplakaten der Prostituierten. Ziel ist das Bordell in Haus Nummer 21, dass kurzfristig in eine Galerie umgewandelt wurde. In den eigentlichen Freudenzimmern hängen die Fotos der Hamburger Fotografin CP Krenkler – jeder ist willkommen, der Erlös kommt den Frauen zu Gute. 

Es ist Montagabend, die normalerweise fest verschlossenen Tore der Herbertstraße stehen weit offen. Doch anstatt Trubel, beleuchteter Häuser und leicht bekleideter Frauen stehen dutzende Menschen brav in einer langen Schlange. Je später der Abend desto mehr Leute stellen sich an, auch wenn die Wartezeit mit knapp einer Stunde nicht gerade gering ist.

Hamburg: Ausstellungs-Erlös geht an Prostituierte

„Gestern sollen sie bis zur Davidwache gestanden haben“, sagt CP Krenkler, die Künstlerin und Initiatorin der Ausstellung. In den Gesprächen mit den Schaulustigen zieht sie immer wieder ihr Tuch in Leoparden-Optik vors Gesicht – Sicherheit geht vor. Der Erlös der Ausstellung werde zu 100 Prozent an die Prostituierten gehen. 

„Alle, die hier heute arbeiten, machen das umsonst“, sagt sie. Der Kiez hält zusammen: „Man will was machen und plötzlich sind Leute da, die einen unterstützen“, sagt Krenkler. Sogar der Pastor der St. Pauli Kirche war am Sonntagabend gekommen, um eine Rede für die Prostituierten zu halten. Zuvor waren die Bilder in der Kirche ausgestellt. 

Hamburg: „Laufkundschaft“ in der Herbertstraße

Während im Haus Nummer 20 Getränke ausgegeben werden und laute Musik aus der offenen Tür dröhnt, können im Haus Nummer 21 Krenklers Fotos aus der Elbschlosskeller-Serie bestaunt werden.

Damit macht sie die Herbertstraße zumindest für 48 Stunden wieder zugänglich für Laufkundschaft. Neben den Fotos ist für die Besucher auch das Bordell und die Zimmer ein Erlebnis – gerade als Frau ist es eigentlich fast unmöglich, sich in Ruhe in der berühmten Straße und sogar hinter den Türen einmal umzuschauen.

Video: Das Hygienekonzept der Herbertstraße

Hamburg: Hygiene war in der Herbertstraße stets wichtig

„Ich bin absolut Team Sicherheit, aber es muss auch verhältnismäßig sein“, sagt Krenkler. Es gäbe bereits ein Hygienekonzept, mit dem die Prostituierten wieder arbeiten könnten. Doch gerade Hygiene werde bei den Frauen in der Herbertstraße schon immer besonders großgeschrieben: Hände sowie Intimbereich waschen und Kondome benutzen ist nicht nur in Zeiten von Corona Vorschrift.

Auch der Sex sei möglich, man müsse sich einfach nur bei den Stellungen beschränken – die Abstandsregeln müssen eingehalten werden, jeder Freier bekäme eine frische Maske. Seit einem halben Jahr dürfen die Prostituierten nicht mehr arbeiten, viele mussten Grundsicherung beantragen.

Hamburg: Wann dürfen Prostituierte wieder arbeiten?

„Es ist unfassbar naiv zu denken, dass nur durch ein Verbot der Prostitution diese nicht stattfindet“, sagt Krenkler. Doch jetzt ist es illegal, die Gefahr ins Milieu abzurutschen so hoch wie nie.

Das erhoffte Datum für die Öffnung der Prostitution war der 1. September 2020. Vergebens. Im Nachbar-Bundesland Niedersachsen hatte das Oberverwaltungsgericht den Klagen von Bordellen und Lovemobil-Besitzern stattgegeben, auch in Berlin ist die klassische Sexarbeit wieder erlaubt. 

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In Hamburg machte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) zumindest Hoffnung auf eine baldige Entscheidung: „Ich bin guter Dinge, dass wir in diesem Monat etwas mitteilen können, und dass dies auch eine Öffnung sein wird.“

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