Streit um Corona-Lockerung: Virologe: Keine Studie spricht für die Öffnung von Frisören
Wir haben die Haare schön! Zumindest bald wieder. In Hamburg werden ab dem 1. März die Friseure wieder öffnen. Dabei war der Senat noch vor kurzer Zeit vehement gegen die Öffnung von Friseursalons eingetreten. Warum sich das jetzt geändert hat und was Experten meinen.
Erinnern Sie sich noch? „Es kommt darauf an, dass wir Kontakte grundsätzlich beschränken und nicht darauf, ob wir schöne Frisuren haben in dieser Stadt“, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer vor rund einer Woche. Am Donnerstag begründete Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) dann, warum man die Friseursalons wieder öffnen werde.
Ein Sinneswandel, der nicht so ganz freiwillig kam – Hamburg setzte sich eigentlich bei den Bund- und Ländergesprächen gegen die Öffnung ein. Also machte der Bürgermeister gute Miene zum aus seiner Sicht bösen Spiel. Es habe sich herausgestellt, dass die Schließung der Friseurläden „für viele Menschen ein dringendes Problem des Alltags ist“, vor allem für ältere Menschen, die sich nicht selbst frisieren könnten, so der Bürgermeister. Folglich habe man die Öffnung beschlossen, auch, wenn das offenkundig nicht so recht mit der Mahnung zusammenpasst, die Inzidenz sinke derzeit in Hamburg zu langsam.
Keine medizinische Grundlage für Friseuröffnungen
Auch aus medizinischer Sicht überrascht der Schritt. „Es erschließt sich nicht, warum gerade Friseure öffnen dürfen und andere Geschäfte nicht“, sagte Prof. Dr. Andreas Podbielski vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene der Universität Rostock der MOPO. Es gebe keine Studien, die für die Öffnung von Friseursalons sprächen.
Wirtschaftsvertreter fordern weitere Lockerungen
Die Priorisierung der Friseurbetriebe rief bereits am Mittwochabend, wenige Minuten nach Verkündung der Entscheidung, Wirtschaftsvertreter auf den Plan. „Wieso darf das Kosmetikhandwerk wieder nicht öffnen, Friseurbetriebe aber schon?“, fragte Hjalmar Stemmann, Präsident der Handwerkskammer Hamburg. Weiter forderte er einen „eigenen Hamburger Weg, der es auch den rund 1200 handwerklichen Kosmetikbetrieben erlaubt, zu öffnen“.
Noch weiter ging der Präses der Handelskammer Hamburg, Norbert Aust, der klare Perspektiven für weitere Öffnungen will. „Die Beschlüsse des Bund-Länder-Treffens verschärfen die ohnehin dramatische Lage der Hamburger Wirtschaft. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer müssen nun weiter um ihre Existenz bangen, ohne Planungssicherheit. Auch wenn keine sofortige Öffnung zu erwarten war, hatten doch viele Unternehmerinnen und Unternehmer auf eine Perspektive durch einen Stufenplan gehofft. Durch konsequente Impfungen und die Schaffung von Schnelltestmöglichkeiten müssen umgehend neue Öffnungsperspektiven geschaffen werden“, so Aust.
So begründet Tschentscher die Friseur-Priorisierung
Einen eigenen Hamburger Weg oder baldige Öffnung anderer Geschäfte wird es jedoch erst einmal nicht geben. Das machte Tschentscher am Donnerstag klar. Laut dem Bürgermeister gebe es einen Unterschied zwischen Friseuren und anderen körpernahen Dienstleistungen wie Tattoo- oder Kosmetikstudios. „Das ist sehr dicht am Bereich der persönlichen Körperhygiene und dem medizinisch Notwendigen, was wir ja auch jetzt schon ermöglichen“, begründete er die Priorisierung der Friseursalons.
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Eines dürfte auf jeden Fall als gesichert gelten: Der Andrang auf die Friseursalons am 1. März wird groß sein, einige Friseure planen bereits Sonderschichten, um der Nachfrage Herr zu werden. (fkm)