Mediation gescheitert: Streit um Gedenkstätte eskaliert
Der Streit um das Dokumentationszentrum Hannoverscher Bahnhof ist eskaliert: Mehrere Opferverbände sind aus dem Schlichtungsverfahren mit Investor und Kulturbehörde ausgestiegen. Sie lehnen den Einzug der Firma Wintershall Dea, die eine ausgewiesene Nazivergangenheit hat, in das Gebäude in der Hafencity strikt ab.
Das Auschwitz-Komitee, die Roma und Cinti Union und der Landesverein der Sinti sowie die Jüdische Gemeinde, die Liberale Jüdische Gemeinde und die Stolperstein-Biographie-Gruppe haben erklärt, nicht weiter an dem Mediationsverfahren teilzunehmen. Der Öl-Konzern Wintershall-Dea, für den Investor ein attraktiver Mieter, ist für die Hinterbliebenen der Nazi-Opfer ein Profiteur von Ausbeutung und Arisierung.
„Wir erwarten, dass die Hansestadt Hamburg und ihre Vertragspartner geschlossene Verträge einhalten“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Opferverbände. Kulturbehörde und Investor hatten im Jahr 2017 für die Gedenkstätte ein 200-jähriges Dauernutzungsrecht vereinbart. Unter einer Bedingung: Der Investor darf das Gebäude nicht so nutzen, dass es „in der Wahrnehmung der Opfer des Nationalsozialismus im Konflikt steht mit dem Zweck des Dokumentationszentrums.“ Genau das ist in den Augen der Hinterbliebenen nun aber passiert.
Streit um Sinti-Gedenkstätte in Hamburg
Am Lohseplatz, dem ehemaligen Vorplatz des Hannoverschen Bahnhofs, wird ein Dokumentationszentrum entstehen, zum Gedenken an die mehr als 8000 Juden, Sinti und Roma, die von hier aus zwischen 1940 und 1945 in Ghettos und Konzentrationslager deportiert wurden. Dass über der Dauerausstellung ausgerechnet ein Konzern seine Büros beziehen soll, der die Nazis nach Kräften unterstützte, sei „eine Zumutung für die Überlebenden und ihre Angehörigen und eine Missachtung der Millionen Ermordeten“, so Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano.
„Wir erwarten, dass der Senat diese Haltung respektiert und jetzt die notwendigen Konsequenzen zieht“, sagt dazu Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Ob sich der Investor einen neuen Mieter suchen muss, soll nun die Präsidentin des Hamburgischen Verfassungsgerichts klären, wie der Senat mitteilte.