• Kämpferisch: Heike Röhrs (41) am Montag vor dem Arbeitsgericht, wo eine Solidaritäts-Demo zur Unterstützung der Hafenarbeiterin stattfand. 
  • Foto: Patrick Sun

Streit um Teilzeit: Hamburger Hafenarbeiterin siegt vor Gericht

Barmbek –

Heike Röhrs ist überglücklich: „Wir haben gewonnen!“, freut sich die Hafenarbeiterin am Montag vor dem Hamburger Arbeitsgericht. Dort hatten die Richter der 41-Jährigen, die seit Jahren mit ihrem Arbeitgeber um eine Teilzeitbeschäftigung streitet, Recht gegeben. 

Der Fall hat deshalb überregionale Aufmerksamkeit erzielt, weil es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht und weil er eine Lücke in der deutschen Gesetzgebung offenbart. Zwar gibt es für Eltern einen Anspruch auf Teilzeit, doch das Teilzeit- und Befristungsgesetz gilt nur für die ersten drei Jahre nach der Geburt des Kindes.

Sohn bekommt seine Eltern oft tagelang nicht zu sehen

Heike Röhrs‘ Sohn ist aber schon acht Jahre alt. Weil beide Eltern beim Terminalbetreiber Eurogate als VanCarrier-Fahrer arbeiten und dort alle Schichten bis spät in die Nacht abdecken müssen, bekommt das Kind Mutter und Vater oft tagelang gar nicht zu sehen. Für das durch die Abwesenheit der Eltern entstehende Betreuungsproblem kommt ganz allein die Oma auf – eine Belastung für die ältere Dame.

Heike Röhrs hatte sich 2019 ihr Recht auf Teilzeit vor Gericht erstreiten müssen. Eurogate reagierte darauf mit einer Änderungskündigung. Das Unternehmen beruft sich darauf, dass im Hafen rund um die Uhr gearbeitet wird, dass alle Prozesse auf einander abgestimmt sind und keine Sonderregelungen für einzelne Mitarbeiter möglich sein sollen.

Anwalt: „Männer verstehen die Problematik nicht“

„Die Mitarbeiter von Eurogate sind zu 90 Prozent Männer. Die verstehen die Problematik überhaupt nicht. Nicht mal der Betriebsrat hat meine Mandantin unterstützt“, sagt Heike Röhrs‘ Anwalt Sebastian Trabhardt.

Das Landesarbeitsgericht hat Heike Röhrs nun Recht gegeben und die Änderungskündigung, mit der Eurogate die Teilzeitregelung wieder aufheben wollte, um sie in das starre Schichtsystem zu zwingen, für unwirksam erklärt. Die Richter stellten dabei fest, dass Eurogate sich nicht darauf beschränkt habe, die Arbeitszeiten von Heike Röhrs im „dringenden betrieblichen Umfang zu ändern, sondern darüber hinaus“. Denn: Eurogate hatte Heike Röhrs unter anderem auch zu Wochenenddiensten verpflichtet – laut Gericht fehlten dafür die „erforderlichen Gründe“. 

Urteil zwingt Eurogate, seine starre Haltung aufzugeben

Eurogate muss sich nun überlegen, wie Heike Röhrs mit ihren nun festgesetzten 25,5 Wochenstunden künftig eingesetzt wird. In vierstündiger Teilschicht an fünf Tagen pro Woche? Oder in Vollschicht von 8,5 Stunden an drei Tagen pro Woche? Heike Röhrs hatte dem Unternehmen als Entgegenkommen angeboten, drei Vollschichten im Frühdienst (von 6.30 bis 15 Uhr) zu arbeiten. Eine Anfrage der MOPO dazu ließ Eurogate unbeantwortet. In einer früheren Anfrage hatte Eurogate erklärt, die Frühschichten seien sehr beliebt, weshalb ein ausschließlicher Einsatz einer Person zu dieser Zeit nicht möglich sei.

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Klar ist: Das Urteil zwingt Eurogate, seine starre Haltung aufzugeben. Besonders für die weiblichen Mitarbeiter des Unternehmens, aber auch für die engagierten Familienväter ist die Entscheidung ein Fortschritt. Die Gewerkschaft Verdi, die Heike Röhrs mit einer Solidaritätsdemo vor dem Gerichtsgebäude unterstützt hatte, begrüßte das Urteil: „Wir wünschen der Kollegin Heike R., die sich mutig gegen einseitige Entscheidungen gestemmt hat und für die stärkere Vereinbarkeit von Beruf und Familie eingetreten ist, dass sie nun in Ruhe weiterarbeiten kann. Sie hat ein Stück dazu beigetragen, dass das Thema auch im Hafen mehr in den Fokus gerückt ist, Verdi wird diesbezüglich am Ball bleiben“, so Sieglinde Frieß, stellvertretende Landesbezirksleiterin Verdi Hamburg.

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