Streit um Wurst: Salami als Kabeltrommel: Können Sie darüber lachen?
Dreieinhalb Meter Salami, aufgerollt auf einer stilisierten Kabeltrommel aus Kunststoff. Ist das ein abartiges Symbol für menschliche Respektlosigkeit gegenüber dem Tier oder nur ein schaler Party-Gag? Gibt es in der Massentierhaltung nicht viel schlimmere Dinge, über die man sich aufregen müsste? Ein Fleisch essender MOPORedakteur und eine vegetarisch lebende MOPO-Redakteurin sind sich in der Sache überhaupt nicht einig.
PRO: Das Tier als Lachnummer – das ist nicht nur ein Gag
Eine aufgerollte Salami auf einer Kabeltrommel – wo ist das Problem? Ist der Sau doch Wurst, was mit ihrem geschundenen Körper passiert nach ihrem kurzen qualvollen Leben. Klar, kann man so sehen und von seinen Mitmenschen gefälligst mehr Humor einfordern. Ist doch ein witziges Party-Mitbringsel für den passionierten Heimwerker. Haha. Nein.
Die Rollwurst ist eben nicht nur ein behämmerter Gag, den sich irgendwelche empathielosen Marketing-Menschen ausgedacht haben. Die Kabel-Wurst verhöhnt das Tier als Lachnummer. Das schreckliche Ding steht symbolisch für eine maximale Entfremdung des Menschen vom Tier als einem lebendigen, fühlenden Wesen. Einem Wesen, das eine Würde hat, natürlich hat es eine Würde, was denn sonst? Das wissen ja sogar die Hobbyjäger, die es unterhaltsam finden, Füchse zu erschießen, um sich nachher angeblich respektvoll vor den Kadavern zu verneigen.
Fleischesser, die auf sich halten, werden nicht müde zu betonen, dass sie natürlich „wenig“ Fleisch essen und stets „nur bio“. Warum ihnen das wichtig ist? Weil der Mensch vor anderen und sich selbst nicht als gefühlloser Vollpfosten dastehen will.
Fleisch aber, das als „Kabel“ daherkommt, verleugnet seine Vergangenheit als Lebewesen, da muss man sich dann keine Gedanken mehr machen, wie es dem Tier gegangen ist – und das ist das höchste Ziel der Fleischlobby: dass die Menschen einfach nicht daran denken, welches Leid da auf ihrem Teller liegt.
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Sie sollen nicht das eingeklemmte Schwein im elenden Julia-Klöckner-Kastenstand sehen, sondern den, nun ja, den schlechten Witz, zu dem das im Leben entwürdigte Tier nach seinem Tod geworden ist. Denselben Zweck verfolgen die lachenden Hühner auf den Hähnchenwagen vorm Baumarkt. Oder die fröhlichen Kühe mit HerzSchwänzchen auf dem Dach der Tönnies-Schlachterei – als ob es was zu lachen gäbe, wenn Tiere im Akkord in den Tod geschickt werden.
Die Kabeltrommel ist nach einem kurzen Lacher nichts als Plastikmüll, die Wurst darauf die Verhöhnung der Kreatur. In einer perfekten Welt hätte der Firmenchef seinen Marketingfuzzis gesagt: „Haben eure Mütter euch nicht beigebracht, dass man mit Essen nicht spielt? Das kauft doch keiner.“ Leider ist die Welt nicht perfekt und es gibt den abartigen Quatsch auch noch als Autofelge.
KONTRA: Alberner Marketing-Gag – aber er ist nicht das Problem
3,50 Meter Wurst für 17 Euro, aufgerollt auf einer Kabeltrommel: Ich konnte mir ein lautes Lachen über diesen absurden Marketing-Gag im Prospekt eines Supermarkts nicht verkneifen: Was soll das denn sein? Die Salami für den Heimwerker? Für die Snack-Pause beim Andübeln von Regalen?
Dass mir dieses knallige Angebot keinen besonders großen Appetit macht, hat ganz pragmatische Gründe: Ein Lebensmittel wie ein Kabel aufgerollt – brauche ich nicht auf dem Frühstückstisch. Vielleicht fehlt mir ja der nötige Humor, aber ich frage mich: Welcher Fleischer, der was auf sich hält, würde ein echtes Qualitätsprodukt so albern vermarkten? Das macht mich skeptisch.
Aber wird dadurch die Würde des geschlachteten Schweins verletzt? Nein. Dieses Konzept existiert nur in den Köpfen von uns Menschen, den geistig am höchsten entwickelten Säugetieren. Mit dem Begriff der Würde sprechen wir einem Tier einen Wert und ein Ansehen zu, von dem es selbst keine Ahnung hat. Achtet eine Katze die Würde der Maus, die sie vor dem Fressen zu Tode quält? Ist dem Hund bewusst, dass er seinen Artgenossen im Revierkampf zu einer Unterwerfungsgeste zwingt, die man unter Menschen als entwürdigend bezeichnen würde?
Einem instinktgetriebenen Tier ist solches Denken völlig fremd. Es ist ihm völlig egal, ob der Mensch seine Körperteile nach dem Schlachten in Plastikfolie schweißt oder auf eine Trommel rollt. Ob man sie in Steak-Scheiben schneidet oder zu Brei zerhackt und daraus Burger formt.
Was einem Tier aber ganz sicher nicht egal ist: wie sein Leben davor aussieht. Und da sind wir Menschen gefordert: durch artgerechte Haltung und eine Lebensdauer, die mehr als maximale Fettzunahme im Rekordtempo ermöglicht. Dafür muss die Politik endlich strenge gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen. Und natürlich muss der Verbraucher bereit sein, mehr Geld für Fleisch auszugeben – und weniger davon zu essen. Davon hätten die Tiere deutlich mehr als von Diskussionen über eine „würdevolle“ Präsentation ihrer Körperteile.