Hans-Peter de Lorent
  • Historiker Hans-Peter de Lorent ist erleichtert über das Urteil.
  • Foto: picture alliance/dpa/Marcus Brandt

Enkelin von Hamburger NS-Senator scheitert vor Gericht – Schulsenatorin zufrieden

Sechs Jahre gab es Streit um die Frage, ob ein Historiker aus einem Brief von einem NS-Senator an seine Frau zitieren darf. Nun hat das Oberlandesgericht entschieden: ja, das ist zulässig.

Zur Vorgeschichte: Der Historiker Hans-Peter de Lorent hat 2017 im zweiten Band seines Werks „Täterprofile – Die Verantwortlichen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz“ ein Porträt des Hamburger Juristen und NSDAP-Mitglieds Oscar Toepffer (1896-1982) veröffentlicht. Er war kurzzeitig unter den Nationalsozialisten Schulsenator sowie Berater des NSDAP-Statthalters Karl Kaufmann, außerdem Leiter des Rechtsamts. In dem Buch zitiert der Historiker Auszüge aus Briefen von Toepffer an seine Frau, die ihn am Anfang des Krieges als überzeugten Anhänger des NS-Regimes zeigten.

Enkelin protestiert gegen Veröffentlichung von Briefen

Eine inzwischen verstorbene Tochter Toepffers hatte dem Historiker die Aufzeichnungen überlassen und ihm die Veröffentlichung gestattet. Eine Enkelin Toepffers ging jedoch 2018 rechtlich dagegen vor und berief sich auf den Urheberrechtsschutz, sie forderte außerdem ein „Recht auf Vergessen“. Die Sache ging durch mehrere Instanzen. Die Enkelin, eine Juristin, hatte nicht nur gegen den Historiker, sondern auch gegen die Schulbehörde geklagt, weil die ihr unterstellte Landeszentrale für politische Bildung die „Täterprofile“ herausgegeben hat.

Im Berufungsverfahren hat das Hanseatische Oberlandesgericht jetzt entschieden, dass mit Ausnahme eines Familienfotos sämtliche Originalquellen und Zitate Toepffers weiterverwendet werden dürfen. Das Landgericht hatte in erster Instanz zunächst anders geurteilt.

Schulsenatorin zufrieden mit dem Urteil

Schulsenatorin Ksenija Bekeris: „Das Verfahren hatte aus unserer Sicht für die historische Forschung grundsätzliche Bedeutung, hier bezogen auf die Zeit des Nationalsozialismus. Original-Quellen, gerade auch aus dem familiären Bereich, müssen nutzbar sein für ein möglichst authentisches Bild der Täter.“

Der Historiker Hans-Peter de Lorent sagte nach dem Urteil: „In einer Zeit, in der die Aufarbeitung des Nationalsozialismus von aktueller politischer Bedeutung ist, bin ich erleichtert, dass eine Juristin nicht mit einer Klage verhindern kann, dass eine Biografie ihres Großvaters veröffentlicht wird, in der seine Verstrickung als NS-Senator in Hamburg beschrieben wird.“

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Mittlerweile haben andere Enkel Toepffers Kontakt zu ihm aufgenommen, die mit der Aufarbeitung der Familiengeschichte sehr einverstanden seien, so der Historiker. (paul)

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