Ankunftszentrum Rahlstedt
  • Der Eingang der Zentralen Erstaufnahme in Rahlstedt. (Archivbild)
  • Foto: dpa | Markus Scholz

Studie zeigt: So schlimm ist das Leben in Flüchtlings-Unterkünften

Schutzsuchende, die nach Deutschland kommen, haben auf dem Weg dorthin schon viel Leid erlebt. Eine Studie der Uni Kiel zeigt jetzt: Auch hierzulande sind Geflüchtete oft noch katastrophalen Zuständen und großen, teils strukturellen Problemen ausgesetzt. Die Corona-Pandemie habe viele Schwierigkeiten noch verschärft.

Rassismus, fehlende Privatsphäre, Gewalt, Lärm oder schlechte medizinische Versorgung: Von diesen Erfahrungen aus Flüchtlingsunterkünften hat Nikolai Huke oft gehört. Der Kieler Politikwissenschaftler führte zwischen Oktober 2020 und Februar 2021 insgesamt 16 Gespräche mit Geflüchteten aus Bremen, Hessen, Thüringen, Bayern, Brandenburg und Hamburg. Die Ergebnisse veröffentlichte Huke nun in einer von Pro Asyl herausgegebenen Studie.

Viel Lärm, viel Enge: Unterkünfte sind „wie Haftanstalt“

Das Leben in den Unterkünften sei „wie eine Haftanstalt“, gaben viele der Befragten zu Protokoll. In den Zimmern lebten oft fünf oder sechs Personen – teilweise gebe es sogar bis zu 16 Betten. „Wir mussten ein Zimmer zu fünft teilen. Meine Familie besteht aus drei Personen. Zwei wildfremde Leute mussten auch mit uns in das Zimmer. Und das heißt auch: Umziehen, Schlafen – das alles passierte in einem Zimmer, in einem Raum“, berichtete ein Bewohner.

Neben der räumlichen Enge gebe es viel Lärm: Ein Befragter sei wegen des dauerhaften Lärmpegels „nah am Verrücktwerden“. „Das heißt, du kriegst alles mit, was in deiner Nachbarschaft passiert. Kinder schreien, Familien telefonieren sehr laut, hören Musik. Das ist furchteinflößend. Und deshalb werden auch viele psychisch krank.“ Auch Kriminalität gehöre zu den Problemen, vor allem abends seien „viele Leute betrunken, konsumieren Drogen oder haben Auseinandersetzungen.“

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Auch von Konflikten mit dem Security-Personal, den Behörden und der Polizei berichten die Interviewten. So sei es in Suhl auch zu sexueller Belästigung gekommen: „Wir hörten immer wieder von Vorfällen, dass junge Frauen im Camp, während sie geduscht haben, von den Securities belästigt wurden. Die Duschkabinen hatten keine Tür, sondern nur einen Plastikvorhang und während die jungen Frauen geduscht haben, haben die Securities da einfach reingeguckt.“ Gemeldet hätten die Frauen das nicht – aus Angst, dass ihnen eine Beschwerde schaden könnte.

Zu den Befragten gehört auch ein Geflüchteter, der in der Hamburger Unterkunft im Bargkoppelstieg unterkam. Dort hätten der Security-Dienst den Bewohner:innen die Möglichkeit genommen, ihre Wäsche selbst zu waschen. „Alles wird zusammengeworfen und dann auf höchster Temperatur gewaschen. Alle Menschen tragen hier kurze und zu kleine Sachen, weil alles heiß gewaschen wurde.“ Eine weitere Befragte aus Hamburg berichtete, sie sei vor ihrem Aufenthalt in der Unterkunft sogar eine Zeit lang auf der Straße gelandet.

Corona verschärft Situation in Sammelunterkünften

Die Corona-Pandemie verschlimmerte die Lage noch weiter, hält Nikolai Huke in der Studie fest. Über Hygieneregeln und Corona-Vorsorge sei nur mangelhaft informiert worden – selbst dann, als Infektionen unter den Bewohner:innen auftraten. Eine oft nicht ausreichende Isolation erkrankter Menschen und die generelle räumliche Enge hätten die Unterkünfte sogar in Corona-Hotspots verwandelt. Einige Bewohner:innen seien sogar länger als einen Monat in Quarantäne gewesen.

Ziel der Studie sei laut Pro Asyl „die Sichtbarmachung der strukturellen Probleme, auf die die Äußerungen der Bewohner:innen in ihrer Vielzahl und Übereinstimmung hinweisen.“ So erfahre auch die Zivilgesellschaft davon, der „ein kritischer Blick auf deren innere Verhältnisse mancherorts verwehrt“ werde. Die Studie bekräftige „einmal mehr“, dass die Sammelunterkünfte abgeschafft gehörten.

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