Supermarkt-Revolution kommt nach Hamburg: Schöne, neue Shopping-Welt
Die Handelskette Rewe verspricht einen „Einkauf ganz ohne Kasse“ in einem ihrer Supermärkte in Hamburg. Anderswo wird die Technologie bereits eingesetzt – mit gemischten Ergebnissen.
Es klingt erstmal wie ein anarchistischer, entpuppt sich dann aber doch schnell als ein kapitalistischer Shoppingtraum: Den gesamten Wocheneinkauf einfach in die Tasche stopfen und wieder aus dem Laden marschieren – ohne Kasse, ohne zu bezahlen.
Einkauf ohne Kassenschlange: Rewe setzt auf „Pick & Go“
Was woanders in die Kategorie „Ladendiebstahl in einem besonders schweren Fall“ fallen würde, heißt bei Rewe „Pick & Go“ und funktioniert folgendermaßen: Überall im Markt an der Hoheluftchaussee hängen Kameras und Sensoren, die jede noch so kleine Bewegung in den Gängen registrieren, jedes aus dem Regal genommene Produkt und was mit ihm passiert.
Wer sich am Eingang mit seiner „Pick & Go“-App ausweist, der darf seinen Einkauf tatsächlich einfach einpacken und den Laden am Ende einfach wieder verlassen. Alles, was in der Tasche steckt, wird automatisch abgerechnet und erscheint auf dem digitalen Kassenbon in der App. Schöne, neue Shopping-Welt.
Rewe „Pick & Go“: Ganz rund läuft das System noch nicht
Wirklich? So ganz rund läuft das System aber noch nicht, wie ein ausgedehnter Selbstversuch eines Bloggers im vergangenen Jahr zeigte. Manchmal bekomme das System zum Beispiel „Schluckauf“, ignoriere einige Artikel und füge andere hinzu, die gar nicht eingepackt wurden. Auch der Gruppeneinkauf, der laut Rewe ausdrücklich erlaubt ist, funktioniere oft nicht richtig. Auch, wenn einige der von ihm entdeckten Fehler sicherlich bereits ausgemerzt wurden, bleibt das Problem aller automatisierten Systeme: Je komplexer die Aufgabe, desto höher die Fehleranfälligkeit.
Und in einem 1200 Quadratmeter großen Supermarkt (laut Rewe der größte „Computer-Vision-gestützte“ in ganz Europa) mit tausenden Produkten im Zweifelsfall Dutzende Kunden gleichzeitig zu verfolgen, die Produkte auch mal wieder auspacken, nicht zielgerichtet vom Ein- zum Ausgang laufen, sondern hin und her und sich ganz allgemein wie Menschen und nicht wie Maschinen verhalten? Das kann einen einfachen Computer schon einmal aus dem Konzept bringen.
Automatische Abrechnung im Supermarkt: ein Fortschritt?
Natürlich hat es im Rewe an der Hoheluftchaussee eine monatelange Testphase gegeben, bevor das „Pick & Go“-System Anfang Juli auch für normale Kunden scharf geschaltet wird. Aber wie glatt es tatsächlich mit dem „Einkauf der Zukunft“ läuft, sei einmal dahingestellt – spätestens bei Kunden, die absichtlich versuchen, das System durcheinander zu bringen.
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Und dass Rewe seinen Kunden nahelegt, sich noch weniger Gedanken darüber zu machen, was der ganze Kram eigentlich kostet, den man gerade in den Rucksack gepackt hat: Wie man dazu steht, muss wohl jeder selber wissen.