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Therapie-Nachfrage bei Kindern steigt: „Es wird geschrien und die Hand erhoben“

Keine Schule, keine Kita, keine Freunde: Gerade die Kinder trifft die Corona-Krise besonders hart. Tagein, tagaus nur mit der Familie. Das größte Problem: Die soziale Schere geht immer weiter auseinander. Doch gerade in Krisenzeiten kommt es für Kinder auf ein stabiles und unterstützendes Umfeld an – viele sind derzeit aber auf sich gestellt.

„Bei mir sind die Anfragen schon mehr geworden“, sagt Gitta Tormin, Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche. Auseinandersetzungen, die zum Teil bereits vorher bestanden, werden durch das enge Zusammenleben in Corona-Zeiten intensiviert. „Es kommt zu Grenzüberschreitungen beider Seiten. Es wird geschrien und auch die Hand erhoben“, sagt die 60-Jährige. Auch die Ängste verstärken sich: Angst, dass die Eltern oder Großeltern erkranken, Angst durch das Kontaktverbot zu Verwandten und Freunden.

„Die Familie ist da ganz wichtig“, sagt Tormin. Während einige Eltern es genießen sich rund um die Uhr um ihre Kinder zu kümmern, laufen andere durch ihre Jobs im Homeoffice oder im Büro auf Hochtouren. Stress, Trauer oder Ängste: Die Kinder bekommen alles hautnah mit. „Die Gefahr ist derzeit schon groß, dass die Kinder psychische Probleme bekommen könnten“, sagt sie.

Corona: Eltern sollten offen mit den Kindern sprechen

Es kommt auch immer auf das Alter an. Grundsätzlich gilt aber: „Die Eltern sollten erklären worum es geht und warum wir das jetzt gerade so machen“, sagt sie. Kinder fühlen sich schnell für Dinge verantwortlich, daher sollten Eltern auch die eigenen Emotionen, wie Stress oder Angst erklären.

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„Viele leiden darunter, dass die Schulen geschlossen sind und sie sich nicht mehr in Cliquen treffen können“, sagt Tormin. Einige ihrer Patienten kommen aus sozialschwächeren Familien: Die Eltern können bei den Aufgaben oft nicht helfen, da die Sprachkenntnisse oder die eigene Schulbildung nicht ausreichen. Es fehlt an technischer Ausstattung. Auch den Schulen fehlt es oft an Mitteln und Vorbereitung. „Die soziale Schere geht dadurch noch weiter auseinander“, sagt Tormin.

Corona: Der Stressfaktor steigt auch bei den Kindern

Auch der Stressfaktor steigt. „Teilweise leben sechs Personen in einer Zwei-Zimmer-Wohnung“, sagt sie. Die Ruhe zum Lernen fehlt, die sportliche Abwechslung im Verein fällt weg. „Teilweise verfallen die Kinder wieder in alte Muster“, sagt Tormin. „Es werden wieder verstärkt Computerspiele gespielt, bei Jungen mehr als bei Mädchen.“ Die zuvor in den Therapien erarbeitete Tagesstruktur mit Schule, Sport und Freizeit wird jetzt über den Haufen geworfen. Zocken bis in die Nacht und schlafen bis mittags.

Auch in Corona-Zeiten ist die Praxis von Gitta Tormin geöffnet. Nur „die Kleinen habe ich abgesagt, da bei ihnen eher mit einer Spieltherapie gearbeitet wird“, erklärt sie. Der Abstand könne nicht eingehalten werden. „Sonst kommen aber fast alle zu mir“, sagt sie. Viele seien froh einfach einmal raus zu kommen aus den eigenen vier Wänden. Ein Gutes hat das Ganze: „Das Positive an Corona ist, dass viele Schüler die Schule wieder zu schätzen wissen.“

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