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Trotz Corona: Business as usual in der Endo-Klinik?

Altona-Altstadt –

Planbare Operationen sollen verschoben werden. Seit Freitag gilt diese dringende Empfehlung der Bundesregierung für alle Krankenhäuser in Deutschland. Ziel ist es, Kapazitäten für den Fall einer Ausweitung der Coronakrise freizuhalten. Doch scheinbar halten sich nicht alle daran. Mitarbeiter der Endo-Klinik an der Holstenstraße (Altona-Altstadt) sind empört: „Bei uns läuft business as usual“, schimpft eine Pflegekraft.

Die Endo-Klinik auf dem Kiez ist laut Eigenwerbung eines der weltweit führenden Operationszentren für künstliche Gelenke. Jede Woche werden dort bis zu 200 Knie-, Schulter- oder Hüft-Prothesen eingesetzt. Daran hat sich auch seit Beginn der Corona-Krise nichts geändert. 

Klinik: „Nicht Bestandteil der Katastrophenplanung“

In einem Schreiben an die Klinik-Mitarbeiter rechtfertigt die Geschäftsführung das mit folgenden Worten: „Als reines orthopädisches Elektivhaus sind wir nicht von dieser Regelung betroffen, da wir nicht Bestandteil der Katastrophenplanung der Stadt Hamburg sind.“

Ob das so ist, sei dahingestellt. Laut Hamburgischer Krankenhausgesellschaft, die die Taskforce zwischen den verschiedenen medizinischen Einrichtungen der Stadt koordiniert, gibt es „keine weitergehenden Regelungen, Begrenzungen auf bestimmte Krankenhäuser oder Ausschluss von Krankenhäusern oder separate Kontrollmechanismen“.

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Die Gesundheitsbehörde schränkt gegenüber der MOPO allerdings ein, dass die Regelung vor allem die großen Kliniken mit Notfallversorgung betrifft. Zudem habe die Regelung bisher einen reinen Empfehlungscharakter und sei  noch keine Verfügung. Das könne sich aber jederzeit ändern, so ein Sprecher.

Helios Endo-Klinik hat 26 Beatmungsplätze

Nach MOPO-Informationen verfügt die Endo-Klinik über 26 Beatmungsplätze und könnte somit bei einer dramatischen Ausweitung der Krise sehr wohl zur Versorgung von Corona-Patienten herangezogen werden.

Mitarbeitern der Endo-Klinik zufolge sind diese Beatmungsplätze jedoch derzeit zumindest teilweise durch Patienten blockiert, die eine in ihren Augen bei der aktuellen Notlage nicht zwingend notwendige Gelenk-OP bekommen haben. Pro Tag würden etwa 40 Eingriffe durchgeführt. Dabei würden auch wertvolle Ressourcen wie momentan knappe Desinfektionsmittel „verschwendet“. Auch an der Endo-Klinik ist es in diesem Bereich vergangene Woche zu Diebstählen kommen.

Angestellte: „Es ist, als befände man sich im Krieg und würde Schönheits-OPs durchführen“

„Ich verstehe nicht wie es möglich ist, Kneipen und Restaurants zu schließen, aber täglich durchschnittlich 40 Patienten für eine ohne weiteres verschiebbare OP aufzunehmen“, erklärt eine Klinik-Angestellte. Und eine andere Fachkraft, die Erfahrung im Katastrophen-Einsatz hat, kritisiert: „Es ist, als befände man sich im Krieg und würde Schönheits-OPs durchführen.“

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Business as usual in den OP-Sälen der Endo-Klinik.

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hfr

Und es sind nicht nur die Beatmungsplätze der Endo-Klinik, die in der aktuellen Krisensituation schnell relevant werden könnten. Nach MOPO-Informationen verfügt das Haus über vier normale Stationen mit je 32 Zimmern. Jedes dieser Zimmer hat ein eigenes Badezimmer – geeignet zur Isolation von Corona-Patienten. Müssen die jetzt nicht bereit gehalten werden?

Angestellte der Endo-Klinik: „Wir fühlen uns schlecht“

„Wir sind der perfekte Ort, um die großen Kliniken zu entlasten“, erklärte eine Angestellte. Und: „Wir fühlen uns schlecht, weil in den anderen Krankenhäusern Ausnahmezustand herrscht und bei uns business as usual gilt.“

Auch um die Patienten machen die Angestellten sich Sorgen. Schließlich würden 85 Prozent der OPs unter Vollnarkose durchgeführt, was eine Beatmung mit sich zieht. „Jede Beatmung erhöht das Risiko für eine Lungenentzündung“, so eine Krankenschwester. Auf diese Weise würden die Patienten künstlich zu Risikopatienten für SARS-CoV-2.

Mehrere Ärzte sind bereits in Quarantäne

Und schließlich müsse auch das medizinische Personal geschützt werden, meinen die Angestellten. Schon jetzt seien fünf Anästhesisten und mehrere Chirurgen in Quarantäne, darunter angeblich auch der ärztliche Direktor. Wichtige Leute also, die eingesetzt werden könnten, sollte sich die Lage weiter zuspitzen.

Von der Klinikleitung war trotz mehrfacher Anfragen keine Stellungnahme zu erhalten.

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