Trotz Verbots: Warum gibt es in Hamburg immer noch Plastiktüten?
Sie spielte lange eine tragende Rolle in unserem Leben – die klassische Plastiktüte. Es gab sie überall: im Discounter, im Schuhladen oder in der Buchhandlung. 18 Tüten pro Kopf im Jahr verbrauchten die Deutschen zuletzt. Seit dem 1. Januar ist sie verboten. Die meisten Geschäfte in Hamburg stört das wenig – viele Kunden tragen ihre Einkäufe eh schon mit Stoff oder Papier aus dem Laden. Doch manche Geschäfte haben noch Vorräte im Keller.
„Jede Tüte, die ich nicht mehr ausgeben muss, ist ein Gewinn für die Umwelt“, sagt Dragon Jankovechi. Er steht in seinem Kaufmannsladen der Bahrenfelder Straße, um ihn herum Tee und Küchenutensilien. „Ich fordere meine Kunden schon seit Jahren auf, ihre eigenen Beutel mitzubringen“, sagt er. Zur Not gäbe es hier Papierbeutel. Aber auch die seien ja nicht ewig zu verwenden.
Plastiktüten-Verbot: So läuft es in Hamburg
Beim EuroShop in der Neuen Großen Bergstraße gibt es schon seit einem halben Jahr keine Plastiktüten mehr. „Aber die Nachfrage ist schon noch hoch“, erzählt Cornelia Gerisch. Es sei aber niemand bockig, wenn er keine Tüte aus Plastik mehr bekäme, im Gegenteil: „Die meisten finden das sogar gut“, berichtet die Verkäuferin aus Ottensen.
Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.
In einem Modeladen im Einkaufszentrum Mercado an der Ottenser Hauptstraße hat man eh noch nie Plastiktüten benutzt. Für 50 Cent produziert der Laden Papiertaschen – mit dem Aufdruck des Geschäfts. Dafür halten sie lange. Die Verkäuferin hat sich gar schon mal einen Lampenschirm aus einer ihrer Taschen gebastelt.
In der Buchhandlung Christiansen an der Bahrenfelder Straße habe es Plastiktüten schon immer nur im absoluten Notfall gegeben. „Wenn es Hunde und Katzen vom Himmel regnete“, da habe sie schonmal eine Plastiktüte ausgegeben, erzählt Verkäuferin Sigrid Lemke. Damit die Bücher auch trocken nach Hause kamen. Aber meist hätte die Kundschaft aus Altona und Ottensen sowieso gerne auf die Plastiktüte verzichtet.
Das Verbot von Plastiktüten scheint niemanden so richtig zu stören
Ja, vermisst man sie denn nirgendwo, die Plastiktüte? Besuch bei Aldi, ebenfalls Bahrenfelder Straße. Die Tüte, die einst von Tütendesigner Günther Fruhtrunk für Aldi Nord entworfen wurde, hat man sofort vor Augen: dickes Plastik, blau-weiße Streifen. Der Schauspieler Lars Eidinger vermarktet einst eine Luxus-Tüte für 550 Euro, die an dieses Design angelehnt war. An der Kasse gibt es sie nun nicht mehr zu kaufen. Die Kunden hier finden das gut. „Schon längst überfällig“, sagt eine ältere Dame, die gerade das Pasta-Regal entlangläuft. „Gut für die Tiere“, sagt eine andere Rentnerin.
Geschätzte 5 bis 13 Millionen Tonnen Plastik landen im Meer. Schlecht für Fische und Schildkröten, die das Plastik für Nahrung halten oder sich darin verfangen. Das Plastikverbot scheint auch beim Aldi niemanden so richtig zu stören. Doch wie das so ist, mit Vorschriften: Die Ausnahmen sind nicht weit. Beim Obstregal gibt es sie noch, kleine Tüten aus Plastik. Die sogenannten Hemdchenbeutel sind weiter erlaubt.
Plastiktüten-Verbot: Restbestände dürfen verbraucht werden
Auch weitere Ausnahmen gibt es. In einem kleinen Lebensmittelladen an der Bahrenfelder Straße werden weiter Plastiktüten ausgegeben. „Restbestände dürfen noch verbraucht werden“, erzählt der Inhaber. Und davon habe er noch einige im Keller liegen.
Das könnte Sie auch interessieren: Wie Corona durch mehr Müll die Umwelt belastet
In einem kleinen Kiosk ein paar Häuser weiter gibt es dann auch doch noch einen, den das Tütenverbot nervt. Azad Alkhello meint: „Viele Leute müssen ihre Flaschen jetzt einfach in der Tasche und mit den Händen aus dem Laden tragen“. Und das sähe einfach bescheuert aus!
Das könnte Sie auch interessieren: Plastik-Verbot – Das sind die Alternativen
Für den WWF hat das Verbot von Plastiktüten sowieso nur symbolische Bedeutung. Lediglich ein Prozent des deutschen Kunststoffverbrauchs entfalle auf Plastiktüten, sagt die Umweltschutzorganisation. Entscheidend für die Umwelt ist also nicht die Papiertüte – sondern das, was in ihr drin ist.