Mehr als 14.000 Beschwerden: So leiden die Hamburger unter Fluglärm
Mehr Nachtflüge und Lärm: Am Hamburger Flughafen wurden im vergangenen Jahr extrem viele verspätete Nachtflüge gezählt. Das geht aus der Jahresbilanz Fluglärm der Hamburger Umweltbehörde hervor. Die Anzahl der Beschwerden über Lärm hat ebenfalls zugenommen. Die Statistik zeigt auch, in welchen Stadtteilen sich die Einwohner am häufigsten beschwert haben – und hält überraschende Daten aus dem Umland bereit.
Genau 14.309 namentliche Beschwerden über Fluglärm kamen im Jahr 2022 aus Hamburg – von 1241 Personen. Im Schnitt hat sich jeder oder jede also zwölf Mal im Jahr beschwert. Im Vorjahr waren es 681 und 2019 – im letzten Vor-Corona-Jahr – waren es 1525 Personen.
Fluglärm: Die Stadtteile mit den meisten Beschwerden
Spitzenreiter der Stadtteile mit den meisten Beschwerden ist Poppenbüttel: 6700 Beschwerden von 77 Personen. Nur in Langenhorn (81 Personen, 491 Beschwerden) und Barmbek-Süd (93 Personen, 294 Beschwerden) gab es mehr Beschwerdeführer:innen, bei weniger Beschwerden.
Im Hamburger Umland haben sich zwar nur 300 Personen beschwert, dafür liegen 7647 namentliche Beschwerden vor – im Schnitt 25 pro Person. Hier fällt besonders Großhansdorf auf: Weniger als fünf Personen beschwerten sich zusammen genau 3122 Mal. Das heißt jede oder jeder Einzelne hat sich durchschnittlich fünf Mal pro Woche beschwert. In Norderstedt leben hingegen die meisten BeschwerdeführerInnen des Umlands. 76 Personen gaben insgesamt 409 Beschwerden ab. In jeder dritten Beschwerde wurde die Störung der Nachtruhe beklagt.
Deutlich mehr verspätete Nachtflüge
Insgesamt haben die Flugbewegungen und die verspäteten Nachtflüge am Hamburger Flughafen deutlich zugenommen. Gab es im Jahr 2021 noch 70.000 Flugbewegungen, waren es 2022 insgesamt 109.589. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr ist das allerdings ein Rückgang um etwa 29 Prozent. Die Zahl der verspäteten Nachtflüge hat hingegen das Vor-Corona-Niveau übertroffen: 2022 wurden 873 gezählt, 2021 waren es 116 und 2019 lag die Anzahl bei 678.
„Insgesamt hat sich die Verspätungssituation zwischen 23 Uhr und 24 Uhr in 2022 besonders herausfordernd gestaltet; ab Mai stiegen die Zahlen in ähnliche Höhen wie 2018, das Jahr, in dem die bisher meisten Verspätungen (1174) auftraten”, teilte die Umweltbehörde mit. Im Juni, im September und im Dezember 2022 übertrafen die Verspätungszahlen sogar die Werte von 2018.
Personalengpässe am Hamburger Flughafen
Zu den Gründen für die Verspätungen gab die Umweltbehörde an, dass dies nur zu einem Teil durch den Ukrainekrieg begründet sei: „Neben den sogenannten Flugsicherungsproblemen waren vor allem die Personalengpässe beim Bodenpersonal an den Flughäfen, den Sicherheitskontrollen, den Crews der Fluggesellschaften sowie wetterbedingte Einschränkungen des Flugverkehrs maßgeblich.”
„Das Jahr 2022 war für die Luftfahrtbranche ein Ausnahmejahr“, sagt Janet Niemeyer, Pressesprecherin der Flughafen Hamburg GmbH. „Es gab nach zwei Corona-Jahren europaweit Unregelmäßigkeiten im eng vernetzten Luftverkehrssystem, da die Passagierzahlen unerwartet sprunghaft und stark angestiegen sind.“ Auch der Krieg in der Ukraine habe Auswirkungen auf die Luftfahrt.
Verspätungen am Hamburg Airport: Das sagt der Betreiber
Die Zahl an Verspätungen nach 23 Uhr sei ein Spiegel dieser Entwicklungen: „In diesem Sommer war zeitweise fast jeder zweite Flug, der Hamburg erreichte, bereits unpünktlich. Solche Ankunftsverspätungen können nur selten aufgefangen werden und ziehen in der Regel auch einen verspäteten Start zum nächsten Ziel nach sich.“
Stephan Jersch, Umweltsprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft, kritisiert: „Während Corona wurde auch bei der Stadt Hamburg als Mehrheitseignerin des Flughafens auf Personalabbau gesetzt und wurden zum Teil auch Mindestlöhne unterschritten.” Wenn der Senat den Flugverkehr als öffentliche Daseinsvorsorge begreife, dann dürfe Gewinnmaximierung auf Kosten der Beschäftigten und Anwohnenden kein Unternehmensziel sein.
Kritik von Umweltverband und Bürgerinitiative
„Der Flughafen nimmt in seinem Streben nach Wachstum keine Rücksicht auf die gesundheitliche Belastung der Bevölkerung“, sagt Martin Mosel, zweiter Vorsitzender des BUND Hamburg. Als Mehrheitseigentümer sei es vor allem die Aufgabe der Stadt die Bevölkerung zu schützen.
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Die Nachtflug-Regelung besagt bisher, dass zwischen 23 Uhr und 24 Uhr verspätete Flugzeuge starten und landen dürfen. Ab 24 Uhr dürfen das nur Flugzeuge mit einer Einzelausnahmegenehmigung. Der Dachverband der Bürgerinitiativen-Gegen-Fluglärm Hamburg fordert schon lange ein generelles Verbot von Starts nach 23 Uhr – mit Ausnahme von medizinischen Hilfsflügen und anderen Notfällen. (abu)